«Das ist ein Sandwich des Teufels»

Aktualisiert

Deal im US-Schuldenstreit«Das ist ein Sandwich des Teufels»

Die Kompromisslösung im US-amerikanischen Schuldenstreit beherrscht die Titelseiten der internationalen Medien. Eine Presseschau.

von
jam

Die internationale Presse ist sich einig: Mit dem Kompromiss, den das US-Repräsentantenhaus in buchstäblich letzter Sekunde durchgewinkt hat, ist eine Lösung in der Schuldenkrise in Griffnähe. Der Deal wird durchgehend als historisch bezeichnet. Doch damit enden die Gemeinsamkeiten: Der Preis, den US-Präsident Barack Obama für den Kompromiss zu bezahlen hat, und die konkreten Auswirkungen des Deals werden höchst unterschiedlich bewertet.

So konstatiert die «Los Angeles Times» beispielsweise nüchtern: «Der Kompromiss im Schuldenstreit bewirkt wenig.» Der Deal schiebe nur die Schlüsselentscheidung hinaus, welche das Land zu treffen habe: Die Steuern zu erhöhen oder die Gesundheitskosten zu senken. Auch CNN jubelt nicht grenzenlos heraus: «Kein Grund für einen Freudentanz», kommentiert ein Redaktor den Kompromiss auf der Homepage des US-Senders.

Einen ähnlich pessimistischen Einschlag hat der britische «Guardian». Der Deal sei geschlossen, aber dass damit eine Herabstufung der USA durch die Ratingagenturen abgewehrt werden könne, sei alles andere als klar. Dem «Rand des Abgrunds» sei man entkommen, doch werde der Kompromiss von beiden politischen Seiten heftig kritisiert. Überdies könne er den AAA-Status der USA kaum retten.

Wie die Krise die Welt verändert

Deutschsprachige Medien versuchen den Kompromiss einzuordnen. «Focus» beispielsweise weiss, «wie die US-Schuldenkrise die Welt verändert», während die «Süddeutsche Zeitung» erklären kann, «warum der Kompromiss der US-Wirtschaft schadet». Zudem titelt die Zeitung: «Das ist ein Sandwich des Teufels.» Damit zitiert die «Süddeutsche Zeitung» den demokratischen Abgeordneten Emanuel Cleaver, den Vorsitzenden aller afro-amerikanischen Kongressmitglieder. Er wettert wegen der geplanten Sozialkürzungen: «In diesem Sandwich findet sich nichts, was die Armen, die Witwen oder die Kinder schützt.» Mit Raúl Grijalva bewertete auch ein anderer Demokrat den Kompromiss als Sieg der erzkonservativen Tea-Party-Bewegung: «Dieser Deal verscherbelt die Lebensgrundlage einfacher Menschen für die Stimmen unnachgiebiger Rechtsradikaler.»

Für die «Frankfurter Allgemeine» stecken die USA weiter in einem «Schuldenteufelskreis». «Spiegel» weiss zu berichten, dass sich Obama mit dem Deal eine «Pause im Schuldenstreit» erkauft hat und zieht die Schlussfolgerung: «Supermacht wird Schrumpfstaat». In eine ähnliche Richtung geht «Die Welt». Sie konstatiert eine «Einigung mit Restrisiko», und zieht die Schlussfolgerung: «Die USA werden zum Sparmeister.» Für die österreichische «Kronen Zeitung» ist der Fall klar. Der historische Kompromiss ist für das Boulevardblatt ein «Kniefall Obamas vor der Tea Party».

In die nahe Zukunft blickt die «Financial Times Deutschland». Obama drohe ein heisser Herbst, heisst es dort. Dem Präsidenten bleibe das Fiasko einer Staatspleite erspart, «allerdings ist der politisch hochbrisante Streit über die konkreten Sparmassnahmen mit der Einigung lediglich auf die kommenden Monate vertagt».

Chinesische Staatszeitung: Schuldenproblem nicht gelöst

In China stösst die Einigung im US-Schuldenstreit auf Skepsis. Zwar hielt sich die Regierung in Peking als grösste Gläubigerin der USA mit einer offiziellen Reaktion zurück. In den Staatsmedien wurde der Kompromiss allerdings als halbherzig kritisiert.

«Zwar haben die USA die Zahlungsunfähigkeit nun praktisch verhindert, aber ihre Schuldenprobleme sind weiterhin ungelöst», urteilte am Dienstag die Zeitung «Renmin Ribao», das Zentralorgan der KP. Das Problem sei im Endeffekt nur aufgeschoben worden.

Es sei damit zu rechnen, dass der Schuldenberg der weltgrössten Volkswirtschaft weiter anwachse. «Dies wirft einen Schatten auf die Erholung der US-Konjunktur und erhöht auch die Gefahren für die Weltwirtschaft.»

Die Abhängigkeit vom Dollar sei vorerst aber kaum zu verringern, erklärte das Blatt in dem kurzen Kommentar weiter. «Der Dollar bleibt eine harte Währung, die alle anderen Länder akzeptieren müssen.» (sda)

Deine Meinung zählt