SwissleaksHSBC-Kunden spendeten Bin Laden Geld
Der Schweizer Ableger der Grossbank HSBC soll seiner Klientel bei illegalen Praktiken geholfen haben. Das zeigen ausgewertete Kundendaten eines Datenlecks.

Gebäude der HSBC in Genf.
Geldwäschereiaffären, Terrorfinanzierung, Drogen- oder Waffenhandel. Der Schweizer Ableger der Grossbank HSBC verwaltete bis 2006 Dutzende Millionen Dollar von kriminellen Kunden. Das zeigt ein Datenleck. Die Daten hatte der Informatiker Hervé Falciani 2007 gestohlen und dem französischen Fiskus übergeben. Die Informationen gelangten zu verschiedenen Medien – auch zum «Tages-Anzeiger». Der internationale Rechercheverband ICIJ analysierte die Daten und veröffentlichte die Resultate unter dem Stichwort «Swissleaks».
So stehen etwa mehrere HSBC-Kunden, saudiarabische Geschäftsleute, unter Verdacht, Osama Bin Laden Geld gespendet zu haben. Auch soll eine Crystal-Meth-Gang in den USA ein Konto bei der Bank gehabt haben. Ein weiterer Klient wurde wegen des Transports von 1212 Kilogramm Kokain verurteilt.
Aktive Hilfe bei Steuerhinterziehung
Weiter findet sich unter den Kontoinhabern die Firma Katex Mines. Diese lieferte im Bürgerkrieg von Liberia Waffen an Rebellen. HSBC verwaltete auch ein Millionenvermögen für Händler von Blutdiamanten und Mitglieder von Herrscherfamilien. Zu den betroffenen Persönlichkeiten gehören den Angaben zufolge unter anderem ein Cousin des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad sowie Verwandte des früheren ägyptischen Staatschefs Husni Mubarak und des ehemaligen chinesischen Ministerpräsidenten Li Peng.
Zudem zeigen Kundendossiers, dass HSBC 2007 aktiv bei Steuerhinterziehungen half. Nur sechs von 2846 französischen Kunden versteuerten das Geld – das sind 0,2 Prozent.
Mehrere Verfahren im Gang
Gegen die Bank laufen seit Herbst mehrere Verfahren wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung. «Wir stellten dabei fest, dass die Bank gegen die Geldwäschereibestimmungen verstossen hat», sagt auch Finma-Sprecher Tobias Lux der Zeitung.
HSBC Schweiz betont in einer Stellungnahme, sie habe seit 2012 eine «radikale Transformation» vollzogen. Zwei Drittel der Konten seien geschlossen worden. Alle Bargeldbezüge von über 10'000 Dollar unterlägen nun einer «strikten Kontrolle».
Die «Kultur der Compliance» und die Standards der Due Diligence bei HSBC und anderen Schweizer Banken lagen im Jahr 2007 «deutlich tiefer» als heute. Die weltweiten Steuerermittlungen haben laut den Berichten insgesamt mehr als eine Milliarde Euro an Nachzahlungen und Strafgeldern eingebracht.
Drei Typen von Bankunterlagen
«Das ‹Swiss Leaks Projekt› basiert auf einem Stock von fast 60'000 entwendeten Dokumenten, die Angaben zu über 100'000 HSBC-Kunden und deren Bankkonten enthalten», schreibt der ICIJ auf seiner Webseite. Zum Recherche-Netzwerk gehören 140 Journalisten aus 40 Ländern, welche die Resultate nun publizierten. An der Recherche beteiligt waren auch die Schweizer Zeitungen «Tages-Anzeiger», «Der Bund», «SonntagsZeitung», «Le Matin Dimanche», «L'Hebdo» und «Le Temps». Bei den Daten handelt es sich laut ICIJ um drei verschiedenen Typen interner Bankdokumente aus drei Zeiträumen.
Der erste Dokumententyp widme sich Kunden und deren privaten Bankkonten, die grösstenteils aus den Jahren 1988 bis 2007 datieren. Der zweite Teil der Daten besteht aus Momentaufnahmen der Höchstbeträge auf den Konten in den Jahren 2006 und 2007. Der dritte Typ zeige Notizen zu Kunden und Unterhaltungen zwischen diesen und Bankangestellten im Jahr 2005.
«Die Dokumente zeigen, dass auf den Konten insgesamt über 100 Milliarden Dollar lagen», heisst es weiter. Die vertraulichen Unterlagen würden auch eine Fülle anderer Angaben beinhalten, wie etwa verheimlichte Offshore-Unternehmen, die mit gewissen Konten verbunden seien.
Die Schweizer Bankiervereinigung weist darauf hin, dass sich die Enthüllungen auf «weit zurückliegende Fälle» beziehen würden. Trotzdem seien solche Schlagzeilen «kurzfristig natürlich nie positiv» für den Schweizer Finanzplatz. Nun liege es an den Behörden, die Fälle zu beurteilen.
Auch Politiker forderten Untersuchungen: Die Eröffnung eines Ermittlungsverfahrens sei «das Mindeste», sagte Alt-Bundesrätin Micheline Calmy-Rey im Radiosender RTS. SP-Nationalrat Roger Nordmann verlangte ebenfalls ein Einschreiten der Ermittlungsbehörden. (woz/sda)

Herr Sutter*, schaden diese jüngsten Schlagzeilen dem Schweizer Finanzplatz?
Bei den kolportierten Fällen handelt es sich um Ereignisse, die vor 2007 stattgefunden haben. Der Finanzplatz hat sich seit damals neu positioniert. In Steuerfragen halten wir seit 2009 alle internationalen Standards ein. Dies wird international anerkannt. Natürlich sind solche Schlagzeilen nie positiv, aber diese Geschichte wird dem Schweizer Finanzplatz nicht nachhaltig schaden. Diese alten Fälle haben nichts mit der heutigen Realität zu tun haben.
HSBC Schweiz ist eine Auslandsbank. Sind sie die Auslandsbanken die schwarzen Schafe?
Wir machen keinen Unterschied zwischen den verschiedenen Bankengruppen. Auslandbanken sind eine sehr wichtige Gruppe in der Schweiz. Sie beschäftigen knapp 20 Prozent aller Bankmitarbeitenden und tragen 17 Prozent zur Bankenwertschöpfung in der Schweiz bei. Für sie gelten die gleichen Gesetze und Bestimmungen wie für alle anderen Banken.
Was kann die Bankiervereinigung gegen Skandale um Schwarzgeld, Terrorfinanzierung und Geldwäscherei unternehmen?
Die Bankiervereinigung hat in den letzten Jahren erfolgreich für eine Neupositionierung des Finanzplatzes gekämpft. Stichworte hierzu sind: stärkere Complianceregeln oder Einhaltung internationaler Standards in Steuerfragen inklusive Übernahme des automatischen Informationsaustauschs mit dem Ausland. Diesen Weg gehen wir weiter. Das wird sich mittelfristig auch wieder in einem besseren Image auszahlen. (sas)
*Thomas Sutter ist Kommunikationschef der Schweizerischen Bankiervereinigung