WilmaDas steckt hinter dem neuen Boarding der Swiss
Die Schweizer Airline führt einen neuen Boarding-Prozess ein. Wo gibts es jetzt Änderungen, und warum sind Experten skeptisch? Die wichtigsten Antworten.
Swiss führt die neue Boarding-Methode Wilma ein (Video: 20 Minuten).
Die Swiss führt eine neue Boarding-Methode namens Wilma ein. Passagiere müssen daher schon bald genauer auf ihr Ticket schauen, um in der richtigen Reihenfolge ins Flugzeug zu kommen. Wie sieht das neue Verfahren also aus? Und was sind die Nachteile? Die wichtigsten Antworten:
Was ist Wilma?
Beim neuen Boarding-Verfahren werden die Passagiere künftig danach aufgeteilt, ob sie einen Platz am Fenster, in der Mitte der Sitzreihe oder am Gang gebucht haben. Es spielt also keine Rolle mehr, ob man hinten oder vorn im Flugzeug sitzt. Im Englischen lautet die Reihenfolge also «Window-Middle-Aisle», was in der Airline-Branche mit «Wilma» abgekürzt wird.
Wie sieht die Boarding-Reihenfolge konkret aus?
Auf dem Flugticket wird es neben Abflug-Gate und Sitzplatznummer eine neue Rubrik geben, nämlich die Boarding-Gruppen 1 bis 5. Unverändert haben Familien mit kleinen Kindern sowie hilfsbedürftige oder in ihrer Mobilität eingeschränkte Passagiere Vorrang. Dann erst dürfen unabhängig von ihrem Sitzplatz die Fluggäste der Gruppen 1 und 2 einsteigen, also privilegierte Vielflieger sowie Passagiere mit teuren Business- oder Ecoflex-Tickets. Dann folgen die Economy-Passagiere am Fenster der Gruppe 3, in der Mitte der Gruppe 4 und am Gang der Gruppe 5. Eine Ausnahme gibt es für Personen, die zusammen reisen: Sie werden in dieselbe Gruppe eingeteilt. Kinder werden also nicht von ihren Eltern getrennt, und auch Paare oder Gruppen können weiterhin zusammen einsteigen.
Was soll Wilma bringen?
Mit der neuen Boarding-Methode will die Swiss Zeit sparen und pünktlicher werden. Das Aufstehen der schon am Gang sitzenden Passagiere für alle, die später kommen und sich noch auf den Sitz in der Mitte oder ganz ans Fenster quetschen müssen, soll mit Wilma entfallen. Denn das kostet Zeit und blockiert den Gang des Flugzeugs. Tests haben gezeigt, dass sich mit
Wilma die Dauer des Boardings um rund 2 Minuten auf eine Viertelstunde verkürzen lässt. Letztlich ist für Airlines jede eingesparte Minute wichtig, denn viele Pünktlichkeits-Rankings registrieren erst Flüge mit über 15 Minuten Verspätung. Zusätzlich sollen mit Wilma die stressigen Konflikte minimiert werden, die beim Gerangel um den richtigen Sitz entstehen.
Was sagt der Experte?
Aviatik-Experte William Agius ist skeptisch. In der Theorie funktioniere das neue Boarding vielleicht, sagt er zu 20 Minuten. «In der Praxis ist es aber zum Scheitern verurteilt, wenn man die Methode nicht konsistent durchsetzt.» Ein Problem sieht Agius demnach darin, dass Gruppen, Familien oder privilegierte Passagiere trotzdem zusammen einsteigen können, egal, wo diese sitzen. Zudem müssten die Passagierströme bereits vor dem Gate richtig gelenkt werden. «Sonst verschiebt man die Problematik lediglich vom Innern des Flugzeugs nach draussen», so der Experte.
Was sind die Nachteile?
Ein Problem ist, dass die Boarding-Reihenfolge wohl kaum konsequent umgesetzt werden kann, denn viele Fluggäste sind zu Beginn des Boardings noch gar nicht am Gate und treffen erst später ein. Egal, wie gut eine Boarding-Methode ist – es können jeweils bis ganz am Schluss des Boarding-Prozesses Passagiere mit einem Fensterplatz ins Flugzeug kommen. Kritik gibts bereits von Passagieren im Internet. Viele glauben nicht, dass Wilma das Einsteigechaos beseitigt. Für sie ist das Gerangel um den knappen Platz in den Gepäckablagen oberhalb der Sitze verantwortlich für die Staus auf den Gängen. Weil die Airlines für jedes aufgegebene Gepäckstück die Passagiere zur Kasse bitten, nehmen die Reisenden immer mehr Handgepäck in die Kabine mit. Passagiere, die später kommen, haben oft keinen Platz mehr für ihr Handgepäck.
Wo wird Wilma eingesetzt?
Wilma führt der Lufthansa-Konzern ab dem 7. November über den Winter schrittweise auf Europa-Flügen der Lufthansa und ihrer Töchter Austrian und Swiss ein. Bei der Schweizer Airline wird die neue Boarding-Methode aber nur bei wenigen Flügen eingeführt. So etwa bei solchen ab Amsterdam, Kopenhagen, Palma de Mallorca, London City, Manchester, Dublin, Rom oder Florenz. Die Gesellschaften Air France und British Airways setzen schon seit längerem auf das Wilma-Boarding.
Warum gibts Wilma nicht ab Zürich?
Laut Swiss hat man bereits mit Einführung des Economy-Light- Tarifs, der kein aufgegebenes Gepäck im Flugpreis enthält, zahlreiche Massnahmen ergriffen, um die Handgepäckmenge und damit auch das Boarding-Verfahren besser zu steuern. «So ist die Handgepäckkontrolle am Gate bereits ein standardisierter Prozess», sagt ein Sprecher auf Anfrage. Diese Massnahmen hätten sich bewährt und seien nicht ohne weiteres mit dem neuen Boarding-Verfahren vereinbar. In Zürich und Genf stiegen die Passagiere daher weiter nach der bisherigen Boarding-Methode ins Flugzeug.
(Mit Material der SDA)
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