So hoch ist das Risiko, beim Fliegen zu sterben

Aktualisiert

Aviation Risk 2020So hoch ist das Risiko, beim Fliegen zu sterben

Noch nie war Fliegen so sicher wie in den letzten zwei Jahren. Das zeigt eine neue Studie. Gegen Flugangst hilft dieser Fakt aber wenig.

B. Scherer
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B. Scherer

Fliegen ist so sicher wie nie, aber auf gewissen Routen wird es turbulenter. Video: 20 Minuten

Trotz Klimadebatte nimmt das Fliegen weltweit zu. So wurden in den letzten zwei Jahren neue Rekordpassagierzahlen verzeichnet: Über 4 Milliarden Menschen waren auf 41,8 Millionen Flügen unterwegs. Dabei war Fliegen noch nie so sicher wie in den letzten Jahren, wie die neue «Aviation Risk 2020»-Studie der Allianz zeigt.

So gab es 2017 zum ersten Mal seit 60 Jahren weltweit keine Todesopfer auf einem Passagierflug – es ist damit das sicherste Jahr überhaupt. Auf den zweiten Platz schafft es das Jahr 2015.

Letzes Jahr ist laut der Studie das drittsicherste Jahr in der Geschichte des kommerziellen Flugverkehrs: Es ereigneten sich insgesamt 15 tödliche Unfälle mit 556 Opfern.

Autos und Hunde sind gefährlicher

In der EU hat sich seit vier Jahren kein tödlicher Absturz im kommerziellen Flugverkehr ereignet. Das zeigt, Fliegen ist im Vergleich zu anderen Verkehrsmitteln sehr sicher. So steht das Risiko, bei einem Flugzeugunglück zu sterben, gemäss den Statistiken des Aviation Safety Network bei 1 zu 188'364.

Im Vergleich: Das Risiko, bei einem Autounfall zu Tode zu kommen, stehen bei eins zu 103. Wahrscheinlicher ist es auch, durch einen Hundeangriff zu sterben (1 zu 115'111).

Grund für die gestiegene Sicherheit sind neue Technologien, effektivere Ausbildungen für Piloten und Crew sowie Verbesserungen in der Herstellung, heisst es in der Studie. Gleichzeitig haben die Hersteller das Risiko eines Triebwerkausfalls nahezu eliminiert.

Mehr Turbulenzen und Schäden

Zwar können sich Passagiere sicher fühlen beim Fliegen, müssen sich in Zukunft aber auf unruhigere Flüge einstellen, so der Bericht. «In den kommenden Jahrzehnten dürften die Turbulenzen durch den Klimawandel und die sich erwärmende Erdatmosphäre weiter zunehmen», sagt Axel von Frowein, Verantwortlicher Luftfahrtversicherung in Zentral- und Osteuropa. Besonders zwischen Europa und Nordamerika werde es vermehrt zu unruhigen Flügen kommen.

Trotz der verbesserten Sicherheit verzeichnet die Luftfahrtindustrie aber mehr Schäden. So wurden zwischen 2013 und 2018 50'000 Schadenfälle verzeichnet mit Kosten von rund 16 Milliarden Franken. Dazu gehören neben Zusammenstössen und Crashs auch Schäden durch Fremdkörper oder Kollisionen an überfüllten Flughäfen. Weil die Maschinen mit einer anspruchsvolleren Technik ausgestattet sind, steigen auch die Kosten für die Reparaturen.

Trotz guten Zahlen noch Flugangst? Das sagt der Experte:

Die letzten zwei Jahre war Fliegen extrem sicher, helfen solche Fakten gegen Flugangst?

Leo Hackl*: «Nein, überhaupt nicht. Das Problem ist, dass Flugangst eine irrationale Angst ist. Betroffene steigen in ein Flugzeug und überlegen, dass sie genau in der einen Maschine sitzen könnten, die abstürzt in diesem Jahr. Schliesslich ist auch Fliegen nicht zu 100 Prozent sicher.»

Bei einem Autounfall zu sterben, ist aber viel wahrscheinlicher, wieso fürchten sich dann so viele vor dem Fliegen?

«Angst vor dem Fliegen, aber auch vor dem Autofahren sind irreale Ängste. Das hat überhaupt nichts mit Wahrscheinlichkeiten zu tun. Dabei ähneln sich die Abwehrstrategien: Die Menschen versuchen zu vermeiden. Das Fliegen lässt sich natürlich besser vermeiden. Beim Autofahren vermeiden die Betroffenen beispielsweise Tunnels oder Autobahnen. Über die Jahre wächst die Angst aber immer mehr, bis es nicht mehr geht.»

Gibt es Tricks, um die Flugangst zu überwinden?

«Es gibt keine schnelle Lösung für Ängste. Wer unbedingt fliegen muss, der kann beispielsweise versuchen, sich mit einer Atemtechnik zu beruhigen: Kurz einatmen, lang ausatmen, dann eine Pause einlegen. Also genauso atmen, wie wir im Schlaf Luft holen. Wer langfristig seine Angst auflösen möchte, sollte in die Therapie gehen. Meist reichen bei meinen Patienten schon zwei Sitzungen, um die Flugangst zu lösen.»

*Leo Hackl ist Psychologe mit eigener Praxis in Thalwil und ist spezialisiert auf Flugangst.

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