Frauen haben keine Lust mehr auf Firmengründung

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Weniger «Mompreneurs»Frauen haben keine Lust mehr auf Firmengründung

Die Zeit der «Mompreneurs» ist offenbar vorbei: Die Zahl der Frauen, die sich selbstständig machen, geht stark zurück.

von
V. Blank
Keine Lust aufs Unternehmertum: Weniger Schweizer Frauen wagen den Sprung in die Selbstständigkeit.
In den Jahren zwischen 2011 und 2014  war der Unternehmergeist bei den Schweizerinnen am grössten: Fast gleich viele Frauen wie Männer gründeten eine Firma.
Jetzt ist die Quote auf 32 Prozent gefallen.
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Keine Lust aufs Unternehmertum: Weniger Schweizer Frauen wagen den Sprung in die Selbstständigkeit.

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Noch vor ein paar Jahren war das Verhältnis fifty-fifty: Fast gleich viele Frauen wie Männer in der Schweiz gründeten in den Jahren zwischen 2011 und 2014 eine Firma. Jetzt sieht das Bild anders aus: Nur noch 32 Prozent der Firmen werden von Frauen gegründet. Das zeigt der neuste Global Entrepreneurship Monitor für das Jahr 2016, der unter anderem von der Hochschule für Wirtschaft Freiburg (HSW) erarbeitet wurde.

Für das neue Ungleichgewicht bei den Geschlechtern gibt es mehrere Gründe. Dass die Quote der Gründerinnen von 2011 und 2014 so hoch gewesen sei, liege etwa an den Folgen der Finanzkrise, sagt HSW-Direktor und Studienautor Rico Baldegger zu 20 Minuten: «Frauen haben quasi aus Not eine Firma gegründet, weil die Lage auf dem Arbeitsmarkt so schlecht war.»

In dieser Zeit ist denn auch der Begriff «Mompreneurs» gross geworden. Gemeint sind Frauen, die nach der Geburt eines Kindes den Sprung in die Selbstständigkeit gemacht haben. Auch Studienautor Baldegger hat das Phänomen beobachtet: «Plötzlich gab es zahlreiche Mütter, die ihre Dienstleistungen anboten – das Spektrum reichte von der Steuerberatung bis hin zu selbstgenähter Kleidung und Food-Start-ups.»

Idealbild entspricht nicht der Realität

Nach diesem Gründerinnen-Boom ist jetzt offenbar eine gewisse Ernüchterung eingetreten. Medial wurden die Mompreneurs gefeiert; das Modell schien eine gute Lösung, um Familie und Beruf zu vereinbaren. Doch die Realität sehe oft anders aus, so Baldegger: «Eine eigene Firma macht die zeitliche Planung oft noch schwieriger als eine Festanstellung, der Stress ist grösser.»

Ausserdem habe der ökonomische Druck, sein Geld mit einer eigenen Firma zu verdienen, nachgelassen, so der Studienautor weiter: «Wenn es in der Wirtschaft wieder besser läuft, entscheidet sich so mache Familie gegen die Erwerbstätigkeit der Frau.» Ausserdem sei das Angebot an Teilzeitstellen in den letzten Jahren gewachsen (siehe Interview). «Da denken sich viele Frauen: Lieber eine sichere Stelle und fünf Wochen Ferien, als das Risiko einer eigenen Firma einzugehen.»

Wenig Interesse am Unternehmertum

Gemäss der Studie haben zwischen 2013 und 2016 nur 8,2 Prozent der Schweizer ihr eigenes Unternehmen gegründet. Damit liegt die Schweiz klar unter dem Durchschnitt vergleichbarer Volkswirtschaften, etwa Ländern wie den USA, Kanada oder Australien. Ein Blick auf die Jugendlichen zwischen 18 und 24 Jahren zeigt zudem: Nur einer von dreissig jungen Schweizerinnen und Schweizern ist daran interessiert, ein Geschäft zu gründen oder an der Spitze eines Start-ups zu stehen.

«Frauen bevorzugen die Sicherheit»

Frau Koch*, warum verlieren Frauen die Lust an der Firmengründung?

Frauen mögen die Sicherheit.

Wie meinen Sie das?

Ich rede von der Sicherheit der Festanstellung. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf hat in den Unternehmen an Gewicht gewonnen. Darum gibt es viel mehr Teilzeitstellen als noch vor ein paar Jahren – und das spricht natürlich gerade Mütter an.

Finden Sie, dass mehr Schweizer Frauen unternehmerisch tätig sein sollten?

Es ist generell wichtig, dass in der Schweiz mehr Unternehmertum verkörpert wird – von Frauen und von Männern. Für Frauen sind die Hürden einfach höher.

Inwiefern?

Es ist für sie zum Beispiel schwieriger, an einen Unternehmenskredit zu kommen. Leider wird Frauen in der Business-Welt immer noch weniger zugetraut als den Männern.

*Clivia Koch, Präsidentin Wirtschaftsfrauen Schweiz

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