Migros reicht Strafanzeige gegen Regio-Präsident ein

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Ungetreue Geschäftsführung?Migros reicht Strafanzeige gegen Regio-Präsident ein

Der Präsident der Migros Neuenburg-Freiburg soll in die eigene Tasche gewirtschaftet haben. Diesen Verdacht legen interne Dokumente nahe. Der Mann bestreitet die Vorwürfe.

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eli/xfz
Der Freiburger Anwalt Damien Piller steht im Zentrum einer Affäre, die seit Wochen die Migros beschäftigt.
Dabei geht es um Zahlungen, die in Zusammenhang mit Immobilien in La Roche FR (Bild) und ...
... Belfaux FR (Bild) getätigt wurden, insgesamt rund 1,7 Millionen Franken.
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Der Freiburger Anwalt Damien Piller steht im Zentrum einer Affäre, die seit Wochen die Migros beschäftigt.

Keystone/Gian Ehrenzeller

Der Fall – sollte sich der Verdacht bestätigen – hat das Zeug, die Migros in ihren Grundfesten zu erschüttern. Im Zentrum steht Damien Piller (61), Rechtsanwalt, Unternehmer und seit 23 Jahren Präsident der Migros-Genossenschaft Neuchâtel-Fribourg (GMNF).

«Aufgrund einer gerichtlichen Verfügung dürfen wir uns zur Zeit nicht zum Sachverhalt äussern», teilte die Migros auf Anfrage von 20 Minuten am Dienstagmorgen mit. Und weiter: «Der Migros-Genossenschafts-Bund hat am Montag 1. Juli gestützt auf den einstimmigen Beschluss der Verwaltung vom 27. Juni eine Strafanzeige unter anderem wegen möglicher ungetreuer Geschäftsführung eingereicht, um den Sachverhalt behördlich und unabhängig klären zu lassen. Der MGB hat der Staatsanwaltschaft Fribourg dazu umfangreiche Unterlagen eingereicht. Für Herrn Piller gilt die Unschuldsvermutung.»

Wie verschiedene interne Untersuchungsberichte zeigen, die 20 minutes vorliegen, hat die GMNF in den Jahren 2014 und 2015 zwei Zahlungen von je 864'000 Franken an Immobilienfirmen getätigt. Die eine gehörte Damien Piller bereits, die zweite übernahm er kurze Zeit später. Brisant: Die Firmen hatten in Belfaux FR und La Roche FR Überbauungen realisiert, in denen jeweils ein Migros-Supermarkt eingemietet ist. Piller vertrat nicht nur die GMNF, sondern fungierte den Berichten zufolge auch als Rechtsberater für die involvierten Immobilienfirmen.

«Eklatanter Interessenkonflikt»

Nachdem man beim Migros-Genossenschaftsbund in Zürich einen Tipp bekommen hatte, begann man, die Geldtransaktionen zu durchleuchten. Bald war den Prüfern klar, dass es für sie keinen plausiblen Grund für die Zahlungen gab. Zum selben Schluss kam später auch die renommierte Zürcher Anwaltskanzlei Baker McKenzie (BMcK), die mit dem Fall betraut wurde. «Offenbar lässt sich nicht identifizieren, welche Gegenleistungen die GMNF für die rund 1,7 Mio. Franken konkret erhielt», heisst es im Bericht der Anwälte zuhanden der Migros. Und: Es mache den Anschein, dass das Geld Damien Piller zugeflossen sei – dies stelle womöglich einen Fall von ungetreuer Geschäftsbesorgung dar. Auch von einem eklatanten Interessenkonflikt ist die Rede.

Damit nicht genug: Piller selbst zeige sich obstruktiv und versuche, eine Aufarbeitung des Falles zu torpedieren, schreiben die Anwälte von BMcK. Das zeige sich unter anderem darin, dass er sich weigere, Dokumente, die er in Aussicht gestellt habe, auch tatsächlich vorzulegen.

Maulkorb für Migros

Von 20 minutes darauf angesprochen, weist Damien Piller sämtliche Vorwürfe zurück: «Alles komplett falsch», sagt er. Selbstverständlich könne er die Rechtmässigkeit aller getätigten Zahlungen beweisen. Man habe das bloss nicht schon früher gemacht, weil die Anwälte von BMcK seines Erachtens gar nicht legitimiert und in der Lage seien, eine solche Untersuchung durchzuführen. Er schlage eine unabhängige Genfer Prüfungsfirma vor, der man alle notwendigen Unterlagen vorlegen werde. Was allfällige Interessenkonflikte betrifft, habe er jeweils rechtzeitig auf diese hingewiesen und sei nötigenfalls in den Ausstand getreten.

Der Migros-Führung war der Fall seit Monaten bekannt. Erst jetzt konnte man sich zu einer Anzeige durchringen. Ein hoher Migros-Mitarbeiter findet dies unerträglich, wie er sagt. «Wenn eine Kassierin oder ein Fabrikmitarbeiter etwas mitgehen lässt, zögert man bei uns keine Sekunde und entlässt den Mitarbeiter fristlos», so der Mann. «Hier aber scheinen plötzlich andere Regeln zu gelten.»

Anwalt, Politiker, Geschäftsmann

Damien Piller (61) gehört zu den schillerndsten Westschweizer Wirtschaftsführern. Seit 23 Jahren steht er der Migros-Genossenschaft Neuchâtel-Fribourg (GMNF) vor. Der Mitinhaber einer Freiburger Anwaltskanzlei hält diverse Firmen in der Auto-und Immobilienbranche, dazu ist er Patron von Télé Vaud-Fribourg und Radio Fribourg. Ausserdem ist Piller Präsident der Businesscharter-Airline Speedwings und gilt als treibende Kraft hinter der Entwicklung des Militärflugplatzes Payerne VD zum privaten Business-Airport. Für die CVP sass er im Freiburger Grossen Rat und war Vizebürgermeister von Villars-sur-Glâne.

Innerhalb der Migros ist Piller bestens vernetzt. Er gilt als Ziehvater und Förderer von Migros-CEO Fabrice Zumbrunnen (49), der aus der GMNF kommt. Bei der Wahl von Ursula Nold zur neuen Migros-Präsidentin soll Piller laut Insidern im Hintergrund die Fäden gezogen haben. Auch über das Verhältnis zu Nolds Vorgänger Andrea Broggini ist nichts Negatives bekannt. Fest steht: Broggini war seit Monaten über die Untersuchungen und den Verdacht gegen Piller informiert. Das heikle Dossier erbte Ursula Nold, die am Montag ihren Job angetreten hat.

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