Notfallplan«Wir können jetzt der Coiffeuse sofort helfen»
Der Bundesrat hat am Freitag sein Massnahmenpaket vorgestellt, mit dem er die Wirtschaft in der Corona-Krise stützen will. Es umfasst nun über 40 Milliarden Franken.
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Am Freitagmorgen ist spekuliert worden, wie der Bundesrat der Schweizer Wirtschaft in der Corona-Krise helfen will. So sieht es tatsächlich aus:
Bereits letzte Woche hat der Bundesrat 10 Milliarden Franken Soforthilfe gesprochen, um Arbeitsplätze zu erhalten und eine rasche Kündigungswelle zu verhindern.
Da sich die Situation aber bereits verschärft hat, beschloss der Bundesrat am Freitagnachmittag ein weiteres Massnahmenbündel in der Höhe von 32 Milliarden Franken. Damit stellt der Bund über 40 Milliarden Franken zur Verfügung. Das ist das grösste Konjunkturpaket in der Geschichte. Es enthält unter anderem folgende Massnahmen:
• 20 Milliarden Franken als KMU-Soforthilfe
Der Bundesrat will den KMU unter die Arme greifen. Damit betroffene Betriebe Überbrückungskredite von den Banken erhalten, wird der Bundesrat ein Garantieprogramm im Umfang von 20 Milliarden Franken aufgleisen. Dabei sollen Beträge bis zu 500'000 Franken von den Banken sofort ausbezahlt werden und vom Bund zu 100 Prozent garantiert werden. «Wir können jetzt der Coiffeuse sofort helfen», versprach Bundesrat Ueli Maurer.
• Zahlungsaufschub bei Sozialversicherungsbeiträgen Den von der Krise betroffenen Unternehmen kann ein vorübergehender, zinsloser Zahlungsaufschub für die Beiträge an die Sozialversicherungen gewährt werden.
• Liquiditätspuffer im Steuerbereich und für Lieferanten des Bundes
Unternehmen sollen die Möglichkeit haben, die Zahlungsfristen zu erstrecken, ohne Verzugszins zahlen zu müssen. Aus diesem Grund wird für die Mehrwertsteuer, für Zölle, für besondere Ver- brauchssteuern und für Lenkungsabgaben in der Zeit vom 21. März bis 31. Dezember 2020 der Zinssatz auf 0,0 Prozent gesenkt und keine Verzugszinsen in Rechnung gestellt. Für die Direkte Bundessteuer gilt die gleiche Regelung ab dem 1. März 2020 bis zum 31. Dezember 2020.
• Rechtsstillstand gemäss Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs
Vom 19. März bis und mit 4. April 2020 dürfen Schuldnerinnen und Schuldner in der ganzen Schweiz nicht betrieben werden. Den entsprechenden sogenannten Rechtsstillstand im Betreibungswesen hat der Bundesrat an seiner Sitzung vom 18. März 2020 angeordnet.
• Kurzarbeit ausgeweitet und vereinfacht
Neu kann die Kurzarbeitsentschädigung auch für Lehrlinge und Angestellte in befristeten Arbeitsverhältnissen sowie für Temporärarbeiter und arbeitgeberähnliche Angestellte ausgerichtet werden. Ausserdem wird die Wartefrist für Kurzarbeitsentschädigungen aufgehoben.
• Selbstständig Erwerbende
Selbstständig Erwerbende werden im Fall einer Schulschliessung, ärztlich verordneter Quarantäne oder der Schliessung eines selbstständig geführten öffentlich zugänglichen Betriebes in Form von Taggeld entschädigt. Diese neue Regelung gilt auch für Künstler.
• Eltern und Quarantäne
Anspruch auf eine Entschädigung haben auch Eltern, die ihre Erwerbsarbeit aufgrund von Schulschliessungen unterbrechen müssen, um ihre Kinder zu betreuen. Das Gleiche gilt bei einem Erwerbsunterbruch aufgrund von einer durch einen Arzt verordneten Quarantäne.
• 280 Millionen Franken für den Kulturbereich
Mittels Soforthilfen und Entschädigungen in Höhe von 280 Millionen Franken sollen die wirtschaftlichen Auswirkungen des Veranstaltungsverbots auf den Kultursektor abgefedert werden.
• 100 Millionen Franken für den Sport
Um Clubs, Verbände und Organisatoren im Sportbereich zu unterstützen, stellt der Bund 100 Millionen Franken bereit, die Hälfte davon als rückzahlbare Darlehen und die andere Hälfte als Subventionen.
Der Druck auf Wirtschaftsminister Parmelin ist in den letzten Tagen gestiegen. Insbesondere der Gewerbeverband (SGV) hat Forderungen gestellt, etwa dass die Kurzarbeitsentschädigungen auch an Personen mit befristeten Verträgen ausbezahlt werden. Zudem sollen laut SGV auch Mikrounternehmen vom Instrument der Kurzarbeit profitieren.
Über 99 Prozent der Unternehmen in der Schweiz sind gemäss Gewerbeverband KMU. Sie stellen etwa 66 Prozent der Arbeitsplätze. Gelder aus dem Unterstützungsfonds müssten deshalb ganz fokussiert den bedrohten KMU zukommen, forderte der Gewerbeverband vor wenigen Tagen.