Heisser SommerSchweizer verschieben wegen Hitze ihre Ferien
Wer Sommerfeeling wie im Süden haben will, muss nicht mehr unbedingt verreisen. Das spüren auch die Reisebüros.
Temperaturen weit über 30 Grad und Tropennächte – seit ein paar Jahren herrschen hierzulande in den Sommermonaten Temperaturen wie im Süden, eine Hitzewelle folgt der nächsten. Wer Sommerfeeling haben will, muss also nicht mehr extra nach Italien oder Spanien reisen.
Das merken auch die Reisebüros. «Die Leute bleiben im Sommer eher in der Schweiz als früher», sagt Prisca Huguenin-dit-Lenoir, Sprecherin von Hotelplan Suisse, zu 20 Minuten. Entsprechend gingen die Buchungen zurück. «In diesem Sommer liegen sie knapp unter dem Vorjahr.» Gebucht worden seien für diesen Sommer vor allem Insel- und Badeferien. Auch kühlere Destinationen sind gefragt. «Bei Individualreisen legen das Vereinte Königreich, Irland sowie Skandinavien zu», so Huguenin-dit-Lenoir.
Saisonale Verschiebung
Grundsätzlich habe es bei den Buchungen eine saisonale Verschiebung gegeben. Zwar sei der Sommer noch immer klar die beliebteste Reisezeit. «Doch in den letzten drei Jahren haben wir die Tendenz festgestellt, dass wieder vermehrt Herbstferien gebucht werden und etwas weniger Sommerferien», sagt Huguenin-dit-Lenoir.
Noch vor drei Jahren habe das Sommergeschäft bei Hotelplan Suisse einen Anteil von rund 35 Prozent am Gesamtumsatz gehabt. «Seit Sommer 2018 liegt der Anteil nun bei 30 Prozent.» Bei den Herbstferien sei es umgekehrt. Im gleichen Zeitraum sei der Anteil von 20 auf nun 25 Prozent gestiegen.
Vor dem Winter Sonne tanken
Sie schätzt, dass die Erinnerung an den heissen Sommer 2018 sowie die jetzige Hitzewelle die Zurückhaltung bei den Buchungen der aktuellen Sommerferien gefördert haben. Hinzu kämen aber auch die späten Oster- und Frühlingsferien. «Das alles dürfte den Anreiz geben, im Herbst und vor dem Winter nochmals Sonne zu tanken.»
Eine Zunahme von Buchungen im Herbst registriert auch TUI Schweiz. «Dieses Jahr hat TUI aufgrund der grossen Nachfrage sogar zusätzliche Flugkapazitäten eingekauft», teilt Sprecherin Bianca Schmidt mit. Besonders viele Buchungen kämen von Familien.
Gebucht wird kurzfristig
Dass die Schweizer weniger Lust auf die Hitze im Süden haben, wenn es hierzulande ohnehin schon heiss ist, stellt auch Jürg Stettler fest. «Schon der letzte Sommer hat die Leute ermutigt, in der Schweiz zu bleiben», sagt der Tourismusprofessor an der Hochschule Luzern. Das werde auch dadurch begünstigt, dass viele ihre Ferien immer kurzfristiger buchten und sich nach den Wetterprognosen richteten.
Bleiben Sie in den Sommerferien in der Schweiz? Warum? Erzählen Sie uns von Ihrer Entscheidung und senden Sie uns ein Foto von Ihren Ferien auf Balkonien.

Jürg Stettler ist Tourismus-Professor an der Hochschule Luzern
Herr Stettler, warum fahren die Schweizer im Sommer weniger weg?
Die Schweiz war lange wettermässig im Nachteil. Wollte man früher beim Wetter sichergehen, musste man in den Süden. Jetzt wird es auch hier sonniger und wärmer. Das macht die Schweiz für Ferien attraktiver.
Aber das südliche Flair hat man hier nicht.
Dafür ist man am Meer in der Klimazone gefangen. Das heisst: Wenn es zu heiss wird, kann man kaum ausweichen. In der Schweiz ist man flexibler. Man kann ins Tessin oder in die Berge. Und das innert kürzester Zeit. Hier kann man das Wetter besser auf die eigenen Bedürfnisse abstimmen.
Strandferien im Sommer sind doch für viele ein Fixpunkt?
Viele buchen ihre Ferien aber immer kurzfristiger und richten sich nach den Wetterprognosen. Heute kennt man das Wetter an den Destinationen schon weit im Voraus und weiss, wo es warm oder auch zu heiss ist.
Warum boomen Herbstferien?
Seit Jahren gehen wir häufiger im Jahr in die Ferien, dafür aber kürzer. Ein Grund sind flexiblere Arbeitszeitmodelle. Die Ferien können besser aufs Jahr verteilt werden. Das gibt Ferien im Herbst Aufwind.