RezessionSo hart trifft die Corona-Krise die Wirtschaft
Das sich ausbreitende Virus setzt der weltweiten Wirtschaft zu. Auch die Schweiz leidet – eine erste Bank sagt für 2020 eine Rezession voraus.
Die Schweiz fällt dieses Jahr in die Rezession – so die Prognose von Raiffeisen Schweiz vom Freitag. Das Bruttoinlandprodukt (BIP) dürfte sich 2020 um 0,2 Prozent verkleinern. Die Raiffeisen-Ökonomen sind die Ersten, die für die Schweiz ein rückläufiges BIP erwarten. Was sind die Gründe dafür und wie hart trifft es andere Länder? Eine Übersicht:
Das um 0,2 Prozent schrumpfende BIP wird erwartet, weil die Schweizer Wirtschaft von zwei Seiten in Mitleidenschaft gezogen wird, so Martin Neff, Chefökonom von Raiffeisen Schweiz: «Einerseits belasten sie mögliche Engpässe bei den globalen Lieferketten und das wegbrechende Weltwirtschaftswachstum. Andererseits werden ihr die direkten Massnahmen zur Eindämmung des Coronavirus direkt zusetzen.» Selbst wenn es nur zu einem Teilstillstand des alltäglichen Lebens komme, werde das unweigerlich Spuren hinterlassen – vor allem in der Gastronomie und bei Event-Veranstaltern. Zudem meldet die Tourismusbranche bereits jetzt teils hohe Einbussen.
Für die Eurozone sagen die Raiffeisen-Ökonomen ebenfalls eine Rezession voraus: -0,4 Prozent dürfte das BIP-Wachstum 2020 betragen. Das liegt nicht nur daran, dass es in Italien fast zu einem kompletten Stillstand der Wirtschaft gekommen ist, sagt Neff zu 20 Minuten: «Auch ganz viele andere Länder ergreifen drastische Massnahmen.» Allen voran etwa Österreich, das als erstes europäisches Land die Grenzen geschlossen und den Schulbetrieb komplett eingestellt hat.
In den USA dürfte das BIP im laufenden Jahr noch um 0,9 Prozent wachsen. Die Prognose ist verhalten, weil Raiffeisen davon ausgeht, dass die Coronavirus-Welle die USA als letzte treffen wird: «In den USA kommt es erst noch richtig», so Neff. Weil es wenig Transparenz über die Infektionszahl gebe, sei es auch möglich, dass das Virus schon viel verbreiteter sei, als man vermute. Derzeit ist vor allem auf dem Finanzmarkt die Angst gross – unter anderem auch, weil Donald Trump bei der Ankündigung des Einreisestopps mit einem Versprecher die Angst vor kompletter Abschottung schürte: Seine Ankündigung klang ursprünglich so, als wären auch der Handel und der Gütertransport betroffen.
Die Krise begann in China, doch nun nehmen die dortigen Firmen langsam wieder den Betrieb auf. Um Rückschläge zu vermeiden, schreitet die Normalisierung aber nur langsam voran, so Neff: «Man möchte etwa vermeiden, dass jemand zu früh an den Arbeitsplatz zurückkommt und eine neue Ansteckungswelle auslöst.» In vielen Bereichen werde man die Ausfälle darum nicht auf- beziehungsweise nachholen können. Das BIP-Wachstum in China soll darum um 1,3 Prozentpunkte auf 4,8 Prozent fallen. Neff geht davon aus, dass sich ein Wachstum unter 5 Prozent in China negativ auf die Beschäftigungssituation auswirken wird.
Das grösste Minus wird mit -0,5 Prozent für Japan prognostiziert. Grund dafür ist laut Neff die jüngste Mehrwertsteuererhöhung – aber auch, dass man in Japan übervorsichtig sei: «Es wurden drastische Massnahmen ergriffen, obwohl die Fallzahlen gar nicht so hoch sind.» Die japanische Wirtschaft treffe es zudem härter, weil sie stark am Tropf von Südostasien hänge. Schliesslich habe Japan generell nicht mehr gross Wachstumspotenzial – entsprechend schnell rutscht die Prognose ins Minus.
Schweres erstes Halbjahr
Eine Rezession ist dann gegeben, wenn das Bruttoinlandprodukt in zwei aufeinanderfolgenden Quartalen kein Wachstum verzeichnen kann oder gar schrumpft. Zur aktuellen Situation heisst es bei Raiffeisen auf Anfrage, dass die aktuelle Prognose einer leichten Rezession für 2020 entspreche. In den ersten beiden Quartalen des Jahres würde die Wirtschaft stark ausgebremst, im zweiten Halbjahr sei hingegen mit einer relativ starken Erholung zu rechnen.