Vernichtete WareSo viele Retouren werfen Onlinehändler in den Müll
Was machen Onlineshops mit Produkten, die zurückgeschickt werden? Eine neue Studie gibt Aufschluss.
Nochmals verkaufen, anders verwerten oder wegschmeissen, weil sich ein Wiederverkauf nicht mehr lohnt: Vor dieser Frage stehen Onlinehändler, wenn retournierte Ware bei ihnen eintrifft.
Eine Studie der Universität Bamberg über die Retourenentsorgung im Jahr 2018 zeigt, welche Option die Händler am häufigsten wählen: Knapp 80 Prozent werden direkt wiederverkauft. 13 Prozent gelangen als B-Ware in den Handel. Will heissen: Die Produkte werden mit Rabatten angeboten oder landen im Outlet.
Geringer Anteil landet im Abfall
Tatsächlich weggeworfen werden 4 Prozent der Ware. Entgegen dem oft geäusserten Verdacht, dass Onlineshops Retouren rücksichtslos vernichten, ist dieser Anteil also eher gering. In absoluten Zahlen: 20 Millionen retournierte Artikel wurden entsorgt.
Für die Studie wurden 139 deutsche Onlinehändler befragt. Der Anteil der Artikel, die im Schweizer Onlinehandel entsorgt werden, dürfte noch tiefer liegen, schätzt Ralf Wölfle, Experte für E-Business an der Fachhochschule Nordwestschweiz. «Mir ist nicht bekannt, dass in der Schweiz Retouren im grossen Stil vernichtet werden.»
Schweizer vertreiben teurere Waren
Dass im hiesigen Handel tendenziell wenige Retouren im Abfall landen, liegt laut dem Experten am Warenwert. Dieser sei bei Schweizer Shops meist höher als im Ausland. «Je teurer ein Produkt, desto bedachtsamer gehen die Händler damit um.» Bei Retouren mit hohem Preis werde eher versucht, sie doch noch zu verkaufen oder auf anderen Kanälen loszuwerden, beispielsweise in Outlets.
Diese Einschätzung deckt sich mit den Erkenntnissen der Bamberger Studie: Die Retouren, die weggeworfen werden, haben in 80 Prozent der Fälle einen Wert unter 15 Euro.
«Es wurde schon immer vernichtet»
Bei der Diskussion um vernichtete Retouren plädiert E-Business-Experte Wölfle dafür, «über den Tellerrand des Onlinehandels hinauszuschauen». Im stationären Handel würden ebenfalls Waren vernichtet – sei es, weil sie nicht mehr nachgefragt werden oder weil sie qualitativ nicht mehr in Ordnung sind. «Doch natürlich ist jedes Produkt, das einfach weggeworfen wird, eines zu viel», so Wölfle.
Die befragten Händler sagten in der Studie, dass sie oft gar keine Alternative als die Entsorgung hätten. Bei etwas über der Hälfte der weggeworfenen Artikel (53 Prozent) sei eine Wiederaufbereitung technisch nicht möglich. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn ein Produkt defekt ist oder nicht mehr gereinigt werden kann.
Billiger ist die Entsorgung allemal: Die Befragten schätzten die Kosten im Schnitt auf 85 Cent. In 40 Prozent der Fälle wäre es laut der Studie möglich gewesen, die Retouren wiederzuverwerten oder zu spenden.
Retouren bei Zalando meist einwandfrei
Auf Wiederverwertung oder Spenden setzt Zalando, der grösste Online-Modehändler der Schweiz. Retournierte Artikel mit kleinen Mängeln gingen ins Outlet, Restbestände als Spende an Organisationen, erklärt Zalando auf Anfrage.
Allerdings könnten rund 97 Prozent der Retouren wieder regulär auf Zalando verkauft werden. «Der Grossteil unserer Kunden sendet die Artikel in einwandfreiem Zustand zurück», sagt eine Sprecherin zu 20 Minuten. Vernichtet würden Waren nur in Ausnahmefällen – zum Beispiel wenn dies aus gesundheitlichen Gründen notwendig sei. Das betreffe weniger als 0,05 Prozent aller Artikel.