Passagiere mit Gangsitz sollen zuletzt ins Flugzeug

Aktualisiert

Neues Boarding bei SwissPassagiere mit Gangsitz sollen zuletzt ins Flugzeug

Swiss will das Boarding ändern: Wer am Gang sitzt, soll zuletzt an Bord. Ziel ist, Zeit zu sparen.

Isabel Strassheim
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Isabel Strassheim
Frage an den Piloten Christoph Regli von 20 Minuten: Bekommen Sie als Pilot mit, was beim Boarding passiert? Seine Antwort: «Es fällt auf, wer Vielflieger ist und wer Tourist. ....
... die Vielflieger streben zielstrebig zu ihrem Sitz, haben das Handgepäck gleich zum Verstauen parat und setzen sich rasch», sagt Regli. Und die Anderen?
«Andere geraten im Flugzeug erstmal ins Staunen, bleiben stehen und suchen dann ihren Platz.»Nervt Sie das nicht?, fragen wir Regli weiter.
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Frage an den Piloten Christoph Regli von 20 Minuten: Bekommen Sie als Pilot mit, was beim Boarding passiert? Seine Antwort: «Es fällt auf, wer Vielflieger ist und wer Tourist. ....

Keystone/Ennio Leanza

Beim Einstieg ins Flugzeug ist die Schlange riesig: Die meisten wollen zuerst an Bord und drängen sich mit ihrem Handgepäck nach vorne, egal auf welchem Platz sie im Flieger sitzen. Swiss will das nun ändern. Die Airline testet andere Boardingsysteme, bei dem diejenigen mit einem Fensterplatz zuerst einsteigen, die mit einem Mittelsitz als zweites und diejenigen mit einem Sitz am Gang zuletzt.

Das neue Boarding soll zunächst auf der Kurzstrecke getestet werden. Bei Lufthansa wurde es schon mit Erfolg durchgeführt, sagt Oliver Rüegg zu 20 Minuten. Er soll bei Swiss mit dem Projekt Precise für Pünktlichkeit sorgen. «In regelmässigen Abständen testen wir andere Boarding-Methoden, um zu schauen, ob sie Zeitersparnisse bringen und für die Passagiere angenehmer vonstatten geht», sagt Rüegg zu 20 Minuten.

Beim sogenannten Wilma-Boarding spielt es keine Rolle, ob man hinten oder vorne im Flugzeug sitzt. Entscheidend fürs Einsteigen ist nur die Sitzkategorie Window (Fenster), Middle (Mitte) oder Aisle (Gang). Das Aufstehen der schon am Gang Platz genommenen Passagiere für alle, die später kommen und sich noch auf den Sitz in der Mitte oder ganz ans Fenster quetschen müssen, soll so entfallen. Denn das kostet Zeit und blockiert den gesamten Gang des Flugzeugs und damit auch alle anderen nachfolgenden Passagiere, die auf ihre Sitze in den nächsten Reihen wollen.

Jede Minute ist wichtig

«Es soll im Flugzeug beim Hinsetzen einfacher und schneller gehen», betont Rüegg. Für Personen, die zusammen reisen, gibt es beim Wilma-Boarding jedoch eine Ausnahme: Sie werden in dieselbe Gruppe eingeteilt. Kinder werden also nicht von ihren Eltern getrennt und auch Paare oder Gruppen können weiterhin zusammen einsteigen.

Die Swiss will mit verschiedenen Veränderungen Zeit sparen, um die Pünktlichkeit ihrer Flüge zu gewährleisten. Neue Methoden beim Boarding sind ein Teil davon, die Swiss arbeitet jedoch an einer ganzen Reihe von weiteren Veränderungen (siehe Box).

Für Rüegg ist jede Minute wichtig, die das Boarding schneller macht. Können Flieger mit einer Unpünktlichkeit von 16, 17 oder 18 Minuten auf 15 Minuten gedrückt werden, sei dies entscheidend: Denn viele Pünktlichkeits-Rankings registrieren erst Flüge mit über 15 Minuten Verspätung.

Haben Passagiere genug Disziplin?

Piloten begrüssen den Test mit dem neuen Boarding. «Im Prinzip ist das ein Versuch, den langen und zum Teil auch lästigen Boardingprozess zu optimieren», sagt Christoph Regli. Er flog für Lufthansa, Swiss und Crossair. Inzwischen leitet er den Aviatik-Lehrgang an der ZHAW und fliegt für Helvetic Airways.

Der Einstieg ist laut Regli die kritische Phase, die hauptsächlich mitbestimmt, wie lange das Flugzeug am Boden bleiben muss. Ob das neue Boarding funktioniert, hänge im Endeffekt von der Disziplin der Passagiere ab, meint Regli: «Davon, ob sie sich daran halten, und tatsächlich diejenigen mit einem Gangplatz als Letztes einsteigen, damit es zu keinem Stau kommt.» (Mehr zum Interview mit Regli finden Sie in der Bildstrecke oben.)

14 Minuten 55 Sekunden

Der deutsche Aviatik-Experte Cord Schellenberg sieht das neue Boarding skeptisch: «Das haben schon andere Airlines ausprobiert, es hat sich aber bislang nicht durchgesetzt.» Tests zeigten zwar, dass das Wilma-Boarding bei einem Flugzeug mit einem Mittelgang die Einstiegszeit auf 14 Minuten und 55 Sekunden reduzieren kann. Beim derzeitigen Boarding beträgt sie dagegen 17 Minuten und 15 Sekunden. «Knackpunkt ist aber die Frage, wie sehr Statuskunden, die zuerst einsteigen und an einer langen Schlange vorbeigehen dürfen, das systematische Boarding verwässern.»

Sechs Reserveflugzeuge

smartes IT-System, das eine bessere Planung von Anschlussflügen bei Verspätungen bringen soll. Da die Swiss in Zürich ein Drehkreuz betreibt, führen Verspätungen bei ihr nämlich zu Kettenreaktionen.

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