So trifft die Pleite von Thomas Cook die Schweiz

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AuswirkungenSo trifft die Pleite von Thomas Cook die Schweiz

Wie geht es nun weiter? Was passiert mit den Flugzeugen? Und was für Auswirkungen hat die Pleite auf die Schweiz?

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R. Knecht/D. Benz
Alle Flüge sind gestrichen worden: Eine Maschine von Thomas Cook. (Archivbild)
Das Unternehmen befindet sich nun in der Zwangsliquidation.
Die deutsche Tochter will den Betrieb aufrechterhalten: Eine Condor-Maschine startet in Berlin. (Archivbild)
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Alle Flüge sind gestrichen worden: Eine Maschine von Thomas Cook. (Archivbild)

Keystone/AP/Peter Byrne

Der britische Reiseveranstalter Thomas Cook ist am Ende. Nachdem die Gespräche über einen rettenden Finanzierungsplan gescheitert sind, hat der Konzern Insolvenz beantragt. Was bedeutet das für die Schweiz? Und wäre ein solches Desaster auch hierzulande möglich? Die wichtigsten Antworten:

Wie geht es nun weiter?

Von der Pleite sind insgesamt 600'000 Touristen betroffen. Derzeit ist eine riesige Rückholaktion für die Feriengäste unter dem Namen «Operation Matterhorn» am Laufen. Auf den Webseiten des Konzerns ist lediglich noch eine Mitteilung aufgeschaltet. «Wir loten derzeit letzte Optionen aus», heisst es unter anderem. Sollten diese Verhandlungen scheitern, sehe man sich gezwungen, auch für weitere Gesellschaften des Konzerns Insolvenz zu beantragen. Der zu Thomas Cook gehörende Ferienflieger Condor versicherte hingegen, dass der Flugbetrieb trotz Pleite des Mutterhauses weitergehe.

Welche Auswirkungen hat die Pleite auf die Schweiz?

Wie viele Schweizer Touristen betroffen sind, ist unklar. Von den Schweizer Thomas-Cook-Niederlassungen ist keine Stellungnahme zu erhalten. Beliebt hierzulande ist das Online-Buchen von Pauschalreisen, Badeferien oder Kreuzfahrten über die zum Cook-Konzern gehörende Marke Neckermann Reisen.

Laut Thorsten Merkle, Tourismus-Experte an der Fachhochschule Graubünden, hat die Pleite Auswirkungen in der Schweizer Reisebranche: «Es wird zu einer Marktverschiebung unter den bestehenden Anbietern kommen.» Sie würden nun versuchen, ein Stück vom Kuchen zu ergattern.

Auch Schweiz Tourismus sieht Folgen für den Schweizer Markt: «Das Ende von Thomas Cook wird zu einem Vertrauensverlust der Kunden in die grossen Reiseanbieter führen und die globale Reisebranche ziemlich durchschütteln», teilt Sprecher Markus Berger auf Anfrage mit.

Was passiert mit den 105 Flugzeugen der Airline?

Flugzeuge, die direkt im Besitz von Thomas Cook sind, dürften am Boden bleiben und schliesslich in die Konkursmasse einfliessen. William Agius, Aviatik-Experte an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften, geht davon aus, dass ein grosser Teil der Flotte von Thomas Cook gemietet ist: «Der Leasinggeber wird nun neue Kunden suchen, bis dann bleiben die Flugzeuge am Boden.» Bei älteren Flugzeugen kann es sein, dass sie bereits abgeschrieben sind und es sich nicht mehr lohnt, neue Kunden zu suchen. Dann werden sie verschrottet. 58 der Maschinen fliegen hingegen weiterhin für den Ferienflieger Condor.

Warum kann Condor weiterfliegen?

Der Ferienflieger führt den Betrieb als deutsche Gesellschaft weiter, teilt das Unternehmen mit. Da andere Airlines, darunter die Lufthansa, bereits im Frühling Übernahmeangebote gemacht haben, kann es laut Agius sein, dass Condor Chancen hat, aus der Konkursmasse herausgelöst und verkauft zu werden. Es sei für die Airline ausschlaggebend, ob sie genügend Verträge mit anderen Reiseveranstaltern habe, die es ermöglichten, im Geschäft zu bleiben.

Der Wegfall von Thomas Cook als Partner dürfte der Firma aber zusetzen, sagt Agius: «Für Condor wird es zumindest vorübergehend unangenehm.» Die Airline hat bei der deutschen Bundesregierung einen Überbrückungskredit beantragt, um Liquiditätsengpässe zu verhindern und so den Flugbetrieb aufrechterhalten zu können. Unklar ist, wie hoch das beantragte Darlehen ist. Noch prüft die Regierung den Antrag.

Wäre so eine Pleite in der Schweiz auch möglich?

Thomas Cook war der grösste Reiseveranstalter Europas, trotzdem konnte man das Unternehmen nicht vor der Insolvenz retten. Grundsätzlich könnte sowas jedem Reiseveranstalter passieren, auch in der Schweiz, sagt Agius. Er gibt aber zu bedenken, dass das Charter-Geschäft sehr länderspezifisch ist. Schweizer Veranstalter würden einen viel kleineren Markt bedienen als etwa der europaweit tätige britische Veranstalter. Darum sei ein Vergleich schwierig.

Wer würde bei einer Schweizer Pleite die Feriengäste entschädigen?

In Grossbritannien zahlt der Staat für die Rückholung der gestrandeten Feriengäste. In Deutschland springen hingegen die Versicherungen ein. Das wäre auch in der Schweiz der Fall. So verlangt das Bundesgesetz über Pauschalreisen, dass die Anbieter ihre verkauften Pauschalreisen versichern. Die meisten Schweizer Reiseveranstalter haben sich daher dem Garantiefonds des Schweizer Reise-Verbandes angeschlossen. Bei einer Pleite eines Anbieters erhält der Kunde aus diesem Fonds sein Geld zurück. Auch allfällige Rückreisekosten übernimmt der Fonds.

Der Schweizer Reiseverband empfiehlt daher, bei der Buchung einer Pauschalreise darauf zu achten, dass der Anbieter am Garantiefonds angeschlossen ist.

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