Wird der Strom in der Schweiz jetzt billiger?

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GesetzesrevisionWird der Strom in der Schweiz jetzt billiger?

Der Bundesrat will den Schweizer Strommarkt öffnen. Was bedeutet das für die Konsumenten? Die wichtigsten Fragen und Antworten.

von
V. Blank
Der Bundesrat will den Strommarkt vollständig öffnen.
Die Konsumentinnen und Konsumenten würden damit gestärkt, sagte Energieministerin Doris Leuthard bereits im Oktober 2018.
Im geöffneten Markt würden sich innovative Produkte, Dienstleistungen und die Digitalisierung rascher durchsetzen.
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Der Bundesrat will den Strommarkt vollständig öffnen.

Keystone/Dominic Steinmann

Wo können die Schweizer ihren Strom beziehen? Diese Debatte ist jetzt wieder eröffnet. Der Bundesrat nimmt einen neuen Anlauf für die Liberalisierung des Strommarkts. Er hat diese Woche die Revision des Stromversorgungsgesetzes in die Vernehmlassung gegeben.

Was technisch klingt, hat direkte Auswirkungen auf die Konsumenten. Hier die wichtigsten Fragen und Antworten:

Wie kaufen wir heute unseren Strom ein?

Private Kunden und KMU haben keinen Zugang zum freien Markt. Sie müssen mit der Grundversorgung – sprich ihrem lokalen Anbieter – vorliebnehmen. Anders sieht es für grosse Unternehmen aus: Stromverbraucher mit einem Jahresverbrauch von über 100'000 Kilowattstunden können ihren Lieferanten frei wählen.

Was ist das Problem an diesem Modell?

Privatkunden werden anders behandelt als grosse Firmen. «Das ist ungerecht», sagt Christina Marchand, Strommarkt-Expertin an der ZHAW und Geschäftsführerin der Vergleichsplattform Mynewenergy.ch. Auf dem freien Markt sind die Preise in den letzten Jahren gesunken; die Grundversorgung war also vergleichsweise teurer. «Für die Konsumenten und kleine Firmen, die die 100'000-Kilowattstunden-Grenze nicht überschreiten, ist das ärgerlich», so Marchand.

Was soll sich jetzt ändern?

Die Endkonsumenten und kleinere Betriebe sollen künftig ihren Stromlieferanten frei wählen können. «Auch der Wechsel zu einem ausländischen Anbieter wäre möglich», erklärt Marchand. Die Liberalisierung komme aber frühesten 2023. Die Gesetzesrevision sieht vor, dass Kunden jeweils Ende Jahr entscheiden können, ob sie beim lokalen Versorger bleiben oder einen neuen Anbieter wollen. Damit auch künftig genügend Strom zur Verfügung steht, sieht die Gesetzesrevision eine nationale Speicherreserve vor.

Wird der Strom durch die Liberalisierung billiger?

Die Stiftung für Konsumentenschutz (SKS) verspricht sich sinkende Kosten. Man gehe davon aus, dass die Strompreise durch den Wettbewerb fallen und die Netzkosten sinken werden. Expertin Marchand bezweifelt, dass die Liberalisierung einen grossen Einfluss auf die Strompreise haben wird: «Preistreibend sind andere Faktoren, etwa Umweltabgaben oder der Ausbau der Netze und Speicher.»

Tönt doch alles gut – warum gibt es trotzdem so viele, die gegen die Öffnung des Markts sind?

Die Strommarktliberalisierung war in der Schweiz immer schon ein umstrittenes Thema. Die Produzenten sehen etwa bei der Stromversorgung ein Problem. Die Speicherreserve als alleinige Massnahme reiche nicht aus, um die Versorgung in der Schweiz zu gewährleisten, heisst es beim Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen. Strom-Expertin Marchand warnt unterdessen, dass auf dem freien Markt nicht immer auf die ökologische Herstellung des Stroms geachtet werde: «Wenn die Kunden nur den billigsten Preis im Auge haben und dann deutschen Braunkohlestrom beziehen, ist das nicht im Sinne der Schweizer Energiestrategie.»

Wie teuer ist Schweizer Strom im Vergleich zum Ausland

Das ist regional unterschiedlich. Bei den günstigsten Netzbetreibern kostet die Kilowattstunde 16 Rappen, bei den teuersten über 23 Rappen. Am günstigsten ist der Strom in der Nordostschweiz, am kostspieligsten in der Westschweiz und im Kanton Bern. In Deutschland koste die Kilowattstunde etwa 30 Rappen, so Marchand. «In der Schweiz haben wir fast die tiefsten Preise in ganz Europa.»

Lohnt sich ein Wechsel des Anbieters überhaupt?

Grosses Sparpotenzial gebe es bei einem Anbieterwechsel nicht, meint Marchand. Eine durchschnittliche Schweizer Familie habe eine Stromrechnung von unter 1000 Franken pro Jahr. «Also reden wir von rund hundert Franken, die sich vielleicht einsparen lassen würden.» Deshalb geht die Expertin nicht davon aus, dass sich viele Schweizer einen neuen Stromanbieter suchen würden. Dennoch könne ein Wechsel für einige Kunden sinnvoll sein – «beispielsweise, wenn man Wert auf grünen Strom legt und der aktuelle Versorger keine attraktiven Produkte bietet».

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