Dr. MuscleFitte Herzen pumpen besser
Körperliches Training hat nicht nur Wirkungen aufs Aussehen: Auch das Herz profitiert vom Sport.

Das Herzminutenvolumen verrät viel über Ihre körperliche Fitness.
Auch das Herz pumpt
Körperliches Training ist ein grundlegender Bestandteil der Behandlung und Prävention von kardiovaskulären Krankheiten. Es führt bei den betroffenen Patienten über verschiedene Wirkungsmechanismen im Mittel zu einer Verbesserung der funktionellen Kapazität des Körpers und zu einer reduzierten Sterblichkeitsrate. Die funktionelle Kapazität des Körpers hängt von vielen Faktoren ab, u. a. von der Förderleistung des Herzens. Die Förderleistung besagt, wie viele Liter Blut die Herzmuskulatur pro Minute durch den Kreislauf pumpen kann. Folglich nennt man diese physiologische Grösse das Herzminutenvolumen (engl. cardiac output). Es kann als Mass für die Pumpfunktion bzw. Pumpkapazität des Herzens verstanden werden und deutet somit auch auf die «Fitness» des Herzens hin.
Das Herzminutenvolumen berechnet sich über die Multiplikation des Herzschlagvolumens, also dem Blutvolumen, welches durch die linke Herzkammer über die Aorta in den Kreislauf ausgeworfen wird, mit der Herzfrequenz, die Anzahl Herzschläge pro Minute, die auch Pulsfrequenz genannt wird. Folglich kann unter Belastung grundsätzlich ein höheres Herzminutenvolumen bewältigt werden, wenn das Schlagvolumen und die Herzfrequenz gesteigert werden.
Wenn Sie als gesunde Person beim Ausdauertraining mit einer tiefen Fahrradleistung (beziehungsweise bei einer tiefen Intensitätsstufe) oder Laufgeschwindigkeit beginnen und alle 3-4 Minuten die Fahrradleistung oder Laufgeschwindigkeit jeweils moderat steigern, so werden Sie, zum Beispiel mittels Pulsuhr, feststellen, dass Ihre Herzfrequenz nach jeder Steigerung zunimmt und sich nach 3-4 Minuten auf einem neuen, höheren Wert einpendelt.
Gleichzeitig nimmt parallel dazu auch das Herzschlagvolumen zu, sodass insgesamt das Herzminutenvolumen mit zunehmender Fahrradleistung oder Laufgeschwindigkeit ebenfalls zunimmt.
Männer und Frauen im Vergleich
Welche Werte werden dabei erreicht? Bei jungen, untrainierten, gesunden, medizinisch unauffälligen Studenten und Studentinnen ermittelte man maximale Herzfrequenzen von zirka 200 Herzschlägen pro Minute und maximale Herzschlagvolumina von zirka 100 (Männer) beziehungsweise 70 (Frauen) Milliliter pro Herzschlag. Dies ergibt ein maximales Herzminutenvolumen von zirka 20 (Männer) beziehungsweise 15 (Frauen) Liter Blut pro Minute. Zum Vergleich: In Ruhe betrug das Herzminutenvolumen bei Männern zirka 5 Liter pro Minute (Herzfrequenz von zirka 70 Herzschlägen pro Minute mal Schlagvolumen von zirka 70 Milliliter pro Herzschlag) und bei Frauen 3,5 bis 4 Liter pro Minute (Herzfrequenz von zirka 70 Herzschlägen pro Minute mal Schlagvolumen von zirka 55 Milliliter pro Herzschlag).
Junge, untrainierte, gesunde Personen können somit während einer Ausdauerbeanspruchung bis zum Toleranzlimit die Förderleistung ihres Herzens um zirka das Vierfache steigern! Welche Werte erzielen Elite-Ausdauerathleten? Wie stark kann man das Herzminutenvolumen durch Training steigern? Wozu dient die Steigerung des maximalen Herzminutenvolumens überhaupt? Welche Trainingsformen sind hierzu besonders gut geeignet? Die Antworten auf diese Fragen folgen in den nächsten Kolumnen.

Dr. sc. nat. Marco Toigo befasst sich im Rahmen seiner universitären Forschungsarbeit im Labor für Muskelplastizität der Universitätsklinik Balgrist mit den Mechanismen des Muskelaufbaus und -abbaus. Nebst seiner Forschungstätigkeit ist er als ETH-Hochschuldozent fur Muskel- und Sportphysiologie sowie als Buchautor tätig. Er verfügt zudem über jahrelange Erfahrung in der Ausbildung von Fitnesstrainern und der Instruktion und Betreuung von Trainierenden. Seine Kolumne «Dr. Muscle» erscheint ab nächsten Samstag wöchentlich.