Tamil Tigers kapitulierenDas Rätsel um den verschollenen Führer
Seine Anhänger feiern ihn als Sonnengott, doch für seine Feinde ist er nichts weiter als ein Grössenwahnsinniger: Sri Lankas Rebellenchef Velupillai Prabhakaran ist äusserst umstritten. Seit über einem Jahr ist der Rebellenchef von der Bildfläche verschwunden. Ein bestätigtes Lebenszeichen gibt es schon lange nicht mehr - aber auch keine Leiche.
Ranghohe LTTE-Mitgliedern oder deren Angehörigen, die während der im Januar gestarteten Grossoffensive vom srilankischen Militär gefangengenommen wurden, wissen nur eins: «Sie sagen, dass er immer noch den Kampf anführt», erfuhr die Nachrichtenagentur AFP aus Kreisen des Verteidigungsministeriums in Colombo. «Aber wir haben niemanden, nicht eine einzige Person gefunden, die ihn wirklich gesehen hat.»
Prabhakaran gilt als einer der geschicktesten und zugleich meistgefürchteten Guerilla-Führer in der Geschichte der modernen Kriegsführung. Und seit der Gründung der LTTE im Jahr 1972 beherrscht er auch die Kunst des Untertauchens - vielleicht ja sogar im wörtlichen Sinne.
Untergetaucht?
Erst in der vergangenen Woche fanden die srilankischen Truppen beim Vormarsch gegen die Tamilen-Rebellen ein Metallgehäuse - ein «Metallhaus», wie sie es nannten. Dieses sei aus dem eisernen Rumpf eines gestrandeten Containerschiffs gebaut worden und wäre für ein Leben unter Wasser geeignet gewesen, teilte die Armee mit.
Harrt Prabhakaran also womöglich in einer Unterwasserkapsel oder in Geheimräumen unter der Erde aus? Viel zu profan scheint dagegen die Spekulation, Prabhakaran sei bereits Anfang des Jahres mit einem Schnellboot geflohen und halte sich auf einem grösseren Schiff der Rebellen versteckt.
Selbstmord mit Gift?
»Er kann nicht aufgeben», sagt der indische Prabhakaran-Biograf M. R. Narayan Swamy. «Ein Prabhakaran, der kämpft und unterliegt, wird eine Legende werden, zumindest für sein Volk.» Bei einem Prabhakaran, der die Flucht ergreife, sei das etwas ganz anderes.
Vielleicht hat der Rebellen-Chef seinem Leben aber auch durch Selbstmord bereits ein Ende gesetzt. Sicherheitskreise berichteten am Freitag von einem riesigen Feuerball über dem kleinen Dschungelgebiet, das für die Tamilen-Tiger der letzte Rückzugsort war.
Oder gar in die Luft gesprengt?
In Colombo geht deshalb das Gerücht um, Prabhakaran habe sich an der Seite von ranghohen Gefolgsleuten in die Luft gesprengt - um sicher zu gehen, dass keine Leiche gefunden werden kann. Auf Selbstmord jedenfalls waren alle Rebellen jederzeit eingestellt: Sie trugen wie auch ihr Meister stets eine Kapsel mit hochgiftiger Blausäure um den Hals.
Doch solange sein Tod nicht bestätigt oder seine Gefangennahme nicht vermeldet werde, sei der Konflikt in Sri Lanka nicht zu Ende, sagt der einstige LTTE-Mitbegründer Dharmalingam Sithadthan, der heute Politiker ist.
(sda)