Biometrische PässeBehörden wollen keine Nachzählungen
Wegen des knappen Resultats bei den biometrischen Pässen kommt die Frage auf, ob eine Neuauszählung den Ausgang der Abstimmung ändern könnte. Bund und Kantone sehen keinen Anhaltspunkt für Unregelmässigkeiten. Aber eine kleine Gruppierung plant Stimmrechtsbeschwerden.
Demokratie ist immer auch Zufall. Das hat sich am Sonntag im Kanton Glarus gezeigt, als die Bevölkerung die biometrischen Pässe mit nur fünf Stimmen Differenz ablehnte. Auch schweizweit ist das Ergebnis hauchdünn ausgefallen: Mit einem Vorsprung von nur 5504 Stimmen erreichten die Befürworter der biometrischen Pässe die Mehrheit. Dieser knappe Abstimmungsausgang lässt die Frage aufkommen, ob eine Nachzählung nötig ist. Denn die Abstimmungsergebnisse sind keineswegs bis auf die letzte Stimme exakt.
Bei der Asylinitiative gab es Grund für Nachzählung
Bisher sind Nachzählungen aber kein Thema. Dafür seien die Kantone zuständig und es müssten auch Irregularitäten vorliegen, sagt Bundesratssprecher André Simonazzi. «Bis jetzt gibt es dafür aber überhaupt keinen Grund.» 2002 nach der Abstimmung über die Asylinitiative war das anders: Einige Gemeinden hatten Präzisionswaagen zur Auszählung verwenden, ohne dass sie dafür die erforderliche Bewilligung des Bundesrats besassen.
Da die Abstimmung mit 3422 Stimmen Unterschied noch knapper ausgefallen war als bei den biometrischen Pässen, forderte die Bundeskanzlei von jenen Gemeinden eine Nachzählung, die mit solchen nicht bewilligten Waagen gezählt hatten. 70 Gemeinden mussten Hand anlegen — und fanden 786 zusätzliche Nein-Stimmen. Die Differenz vergrösserte sich auf 4208 Stimmen. Als Folge dieser rechtlich unklaren Situation erlaubte der Bundesrat im Januar 2003 den Kantonen, unter gewissen Auflagen bestimmte Modelle von Präzisionswaagen für die Auszählung zu verwenden.
Gegner streben keine Neuauszählung an
Für die Gegner der biometrischen Pässe steht eine Stimmrechtsbeschwerde nicht im Vordergrund, mit der sie eine Neuauszählung verlangen könnten. «Ich persönlich finde das keine Option», sagt Cédric Wermuth, Präsident der Jungsozialisten vom gegnerischen Komitee der Jungparteien. Die Chancen seien zu klein, dass ein Fehler den Unterschied von 5504 Stimmen aufheben könnte. Eventuell werde das Thema noch im Komitee diskutiert. SVP-Nationalrat Lukas Reimann (SG) verlangt ebenfalls keine Neuauszählung: «Solange kein begründeter Verdacht besteht, ist das kein Thema.» Er vertraue auf die Präzision der Gemeinden bei der Auszählung.
Gruppierung im Internet plant Beschwerde
Anders sieht es im Internet aus. Bereits haben sich mindestens zwei Facebook-Gruppen gebildet, die eine Neuauszählung fordern. Im Diskussionsforum der Gruppe «Neuauszählung der Abstimmungsergebnisse Biometrie» schreiben Mitglieder auch über eine mögliche Manipulation oder gar einen Betrug im Zusammenhang mit der Abstimmung. Einen Beweis dafür hätten sie aber nicht, betonen sie. Trotzdem plant die Gruppierung Geistige Landesverteidigung, die hinter dem Facebook-Auftritt steht, Stimmrechtsbeschwerden, wie sie gegenüber 20 Minuten Online schreibt. Sie stehe deswegen mit Juristen in Kontakt.
Doch ohne Anhaltspunkte für Unregelmässigkeiten dürfte eine Stimmrechtsbeschwerde in den Kantonen schwierig sein. Bisher ist in den grossen Kantonen Zürich und Bern noch keine Beschwerde gegen das Abstimmungsresultat eingegangen, wie Anfragen von 20 Minuten Online zeigen. Und auch für die Kantone selbst besteht kein Grund, eine Nachzählung anzuordnen. Es gebe keine Anhaltspunkte für Unregelmässigkeiten.
Abstimmung über biometrische Ausweise
Am 17. Mai hat das Schweizer Volk die Einführung von biometrischen Ausweisen, die im Rahmen des Schengen-Abkommens nötig wird, denkbar knapp mit 50,1 Prozent Ja-Stimmen gutgeheissen.
Ab dem 1. März 2010 darf die Schweiz nur noch Pässe ausstellen, die auf einem Chip neben den Personalien und dem Gesichtsfoto auch zwei Fingerabdrücke gespeichert haben. Bei den Identitätskarten erhält der Bundesrat die Kompetenz, diese ebenfalls mit einem Chip auszustatten. Zudem sollen die Ausweisdaten in einer zentralen Datenbank gespeichert werden, um Fälschungen zu verhindern.
Die Gegner aus linken und rechten Parteien kritisieren die zentrale Datenspeicherung und die mögliche biometrische Identitätskarte, was beides vom Schengen-Recht nicht verlangt wird. Bedenken äussern einige Politiker auch bezüglich Sicherheit der Chips vor Hackerangriffen. Der Bundesrat argumentiert, dass der biometrische Ausweis in Zukunft nötig sein wird für Reisen in die USA und die Schengen-Staaten. Die zentrale Datenbank ermögliche einen wirksamen Schutz gegen Fälschungen.
(mdr)