Obama holt sich den Hauptpreis

Aktualisiert

EinschätzungObama holt sich den Hauptpreis

Barack Obama hat geschafft, was seinen Vorgängern verwehrt blieb. Der Tod Bin Ladens könnte bei seiner Wiederwahl helfen - wäre da nicht ein Haken an der Sache.

Kian Ramezani
von
Kian Ramezani

«Tot oder lebendig», sagte George W. Bush 2001 in Erinnerung an die Plakate aus dem Wilden Westen, aber Osama Bin Laden entkam ihm. Als Präsident würde er den Terrorfürsten wenn nötig «bis an die Pforten der Hölle» verfolgen, sagte John McCain 2008, aber dazu kam es nicht. Die martialische Sprache der Republikaner ist nicht Barack Obamas Ding. Trotzdem ist es ihm gelungen, den meistgesuchten Mann der Welt zur Strecke zu bringen.

«Wir werden Bin Laden töten», hatte Obama vor vier Jahren im Wahlkampf in schlichter Sprache versprochen. Als Präsident hatte er bisher vor allem mit den Folgen der Wirtschaftskrise, hoher Arbeitslosigkeit und dem Rekorddefizit zu kämpfen. Bin Laden fand kaum noch Erwähnung. Obamas Kritik an der Bush-Regierung, sie habe seine Ergreifung nicht prioritär genug behandelt, begann auf ihn zurückzufallen. Inzwischen ist klar, dass er das Ziel nicht aus den Augen verloren und diese Operation von langer Hand geplant hatte.

Erinnerungen an George Bushs Abwahl

Der Tod des Al-Kaida-Führers könnte zu einem der bedeutendsten Ereignisse in der Präsidentschaft Obamas werden. Die Sensation kommt in einem sehr kritischen Moment: Obamas Umfragewerte sind im Keller und er musste zuletzt viel Kritik für seine zögerliche Reaktion auf die Unruhen in der arabischen Welt einstecken. Erinnerungen an den Wahlkampf 2008 wurden wach, als ihm Kritiker vorwarfen, er sei zu unerfahren, aussenpolitisch unbedarft und naiv. Heute ist er der unbestrittene Held der Aussenpolitik.

Für kurze Zeit treten nicht nur Arbeitslosigkeit und Billionendefizit, sondern auch schwierige Fragen über die Strategie und die Zukunft in Afghanistan und Pakistan in den Hintergrund. Wie nachhaltig Obama von diesem monumentalen Erfolg wird zehren können, ist allerdings fraglich. Er wird sich an George Bush Senior erinnern, der 1991 siegreich aus dem Golfkrieg zurückkehrte und nur eineinhalb Jahre später bei den Wahlen gegen Bill Clinton verlor. Gegen Saddam Hussein hatte er gewonnen, aber abgestraft wurde er für die schlechte Wirtschaftslage zu Beginn der 1990er-Jahre.

Der Freudentaumel über den Tod Bin Ladens wird bald abklingen und der Zustand der US-Wirtschaft wieder die Tagesaktualität bestimmen. Immerhin: Als aussenpolitisches Leichtgewicht muss sich Obama nie mehr bezeichnen lassen. Auch für ihn unvorteilhafte Wortspiele mit Obama und Osama gehören seit heute der Vergangenheit an.

Deine Meinung zählt