Die Tricks der iranischen Blockadebrecher

Aktualisiert

Sanktionen im AtomstreitDie Tricks der iranischen Blockadebrecher

Der Iran lässt sich einiges einfallen, um Sanktionen zu umgehen. Das bekommen auch Schweizer Logistiker zu spüren, die Transporte in das Land anbieten.

von
Marius Egger

Der UNO-Sicherheitsrat hat den Iran wegen seines umstrittenen Atomprogramms mit einer neuen Runde Sanktionen belegt. Zusammen mit dem umfassenden Wirtschaftsembargo der USA sowie speziellen Strafmassnahmen der EU ist inzwischen ein komplexes Regelwerk entstanden, das den Handel mit dem Iran empfindlich einschränkt.

In der konkreten Umsetzung sind zunächst Hersteller von gewissen Rüstungsgütern und Nukleartechnologie, aber auch Banken und Flugzeughersteller angehalten, nicht mehr in den Iran zu liefern. Ebenfalls eine wichtige Kontrollfunktion erfüllen nationale Behörden, indem sie Exportlizenzen erteilen oder verweigern. Besonders gefordert sind globale Logistikunternehmen, die Güter in den Iran transportieren und praktisch die letzte Verteidigungslinie des Sanktionsregimes bilden.

Obwohl ihnen möglicherweise lukrative Aufträge entgehen, tun sie gut daran, sich an die Regeln zu halten, denn speziell bei Missachtung des US-Embargos drohen happige Bussen. Das wird auch in der Schweiz genau registriert, wo zwei der weltweit grössten Logistikunternehmen zu Hause sind. Kühne+Nagel und Panalpina gehen sprichwörtlich weite Wege, um ihr Iran-Geschäft gesetzeskonform abzuwickeln. Das ist schwierig, weil das Land mit allerlei Tricks versucht die Sanktionen zu umgehen. In einem Fall gelang es ihnen auch.

Alter Wein in neuen Schläuchen

Wie die «New York Times» kürzlich berichtete, versucht die staatliche iranische Reederei Islamic Republic of Iran Shipping Lines (IRISL) ihre Flotte mit neuen Namen, neuen Flaggen und neuen Besitzern (Strohfirmen) zu tarnen, um so Kontrollen ihrer Fracht zu vermeiden. Wie Fotos belegen, wurde in manchen Fällen sogar der Rumpf neu gestrichen. Die amerikanische Nichtregierungsorganisation Iranwatch deckte diese Praxis Anfang April auf. IRISL steht im Verdacht, in den Waffenschmuggel aus und nach Iran verwickelt zu sein.

Die beiden Schweizer Logistikunternehmen reagierten frühzeitig. Auf Anfrage von 20 Minuten Online erklärt Panalpina, die Zusammenarbeit mit IRISL bereits «vor mehreren Monaten» beendet zu haben. Kühne+Nagel gibt an, davon nicht betroffen zu sein, da man «praktisch ausschliesslich mit erstklassigen und global marktführenden Reedereien zusammenarbeite». Allerdings bestätigte Kühne+Nagels Agent in Dubai, Ibrakom KN (zu 60% im Besitz von Kühne+Nagel) auf Nachfrage, noch bis im November letzten Jahres mit IRISL Seetransporte in den Iran durchgeführt zu haben.

Theoretisch wäre es laut Iranwatch möglich, die Schiffe der IRISL nach wie vor anhand ihrer eindeutigen und permanenten IMO-Nummer zu identifizieren. Allerdings wird diese in den üblichen Frachtpapieren nicht aufgeführt – Panalpina und Kühne+Nagel müssten also jeden Transport gesondert prüfen. Dass genau das schief gehen kann, zeigt ein gut dokumentierter Vorfall, der sich 2008 ereignete und in den auch Panalpina verwickelt war.

Reexporte über Drittländer

Wie die «Dallas Morning News» Ende 2009 berichtete, transportierte Panalpina damals zwei amerikanische Helikopter in den Iran. Das US-Embargo verbietet abgesehen von wenigen Ausnahmen (z.B. Lebensmittel, Medikamente) jeglichen Handel mit dem Gottesstaat. Besonders heikel sind sogenannte Dual-Use-Güter, die sowohl für zivile als auch militärische Zwecke eingesetzt werden können. Offenbar war mindestens einer der Helikopter mit Nachtsichtgeräten und Autopilot ausgerüstet.

Der Trick, den sich die Iraner einfallen liessen, ist verglichen mit der Umspritzung ihrer Schiffsflotte simpel: Die Helikopter wurden in Mexiko gebraucht gekauft und gelangten über einen italienischen Broker in den Iran. Der Export eines amerikanischen Produkts nach Italien ist unverdächtig, ebenso der Export von Italien nach Iran – Reexport heisst das im Fachjargon. Beim dritten Helikopter wurde Panalpina misstrauisch, stoppte den Transport und meldete sich bei den amerikanischen Behörden, die den Fall seither untersuchen.

Die USA berät über weitere Sanktionen, die auch Irans Lebensader, die Öl- und Gasindustrie, tangieren könnten. Die EU hat sich bereits auf verschärfte Sanktionen gegen den Iran geeinigt. Mit dem erweiterten Sanktionsantrag geht die EU über die zuletzt vom UN-Sicherheitsrat beschlossenen Strafmassnahmen hinaus. Das Risiko, mit Iran zu geschäften, dürfte für die beiden Schweizer Logistiker weiter steigen.

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