Libyen-AffäreBundesrat will Libyen-Vertrag umsetzen
Der Bundesrat hat an seiner heutigen Sitzung beschlossen, die Umsetzung des Abkommens mit Libyen an die Hand zu nehmen. Details will die Regierung noch nicht kommunizieren, da die zwei Schweizer noch nicht aus Libyen zurückgekehrt sind.
Keine Antworten auf die vielen Fragen gab es heute vom Bundesrat. Dieser hat in seiner wöchentlichen Sitzung die Einschätzungen zur aktuellen Situation im Fall Libyen zur Kenntnis genommen. Neben dem federführenden Finanzministerium von Bundespräsident Hans-Rudolf Merz äusserte sich auch das Aussendepartement EDA. Die Vereinbarung, die Merz am vergangenen Donnerstag in Tripolis unterzeichnet hatte, ist nach Einschätzung des EDA international verpflichtend. Deshalb hat die Landesregierung beschlossen, die Umsetzung des Abkommens an die Hand zu nehmen. Das sagte Bundesratssprecher André Simonazzi vor einer Medienkonferenz mit Bundesrat Moritz Leuenberger. Bundespräsident Merz trat selbst nicht vor die Medien.
Eingehende Diskussion über Form der Kommunikation
Weiter äusserten sich Simonazzi und Leuenberger nicht. Es soll demnächst ein schriftliches Communiqué folgen. «Angesichts der Umstände haben wir uns zu dieser Kommunikationsform entschieden», sagte Leuenberger — nach eingehender Diskussion, wie er anfügte. Ansonsten käme es zu Diskussionen. Diese will der Bundesrat aus Rücksicht auf die zwei weiterhin in Libyen festgehaltenen Geiseln vermeiden. Wenn die beiden Schweizer zurück sind, werde der Bundesrat umfassend informieren, sagte Simonazzi. Nach der Unterzeichnung hatte der Vertrag für Kritik gesorgt, auch von Seiten von Merz' Bundesratskollegen.
Zur Umsetzung des Abkommens gehört die Ernennung von einem der drei Richter des Schiedsgerichts. Diese muss innerhalb von zehn Tagen erfolgen. Auf die Frage eines Journalisten, ob diese in die Wege geleitet wurde, sagte Simonazzi, er könne nur sagen, dass die Umsetzung beschlossen wurde: «Sie können selbst Schlüsse ziehen.»
Keine Neuigkeiten aus Tripolis
Keine Nachrichten gibt es aus der libyschen Hauptstadt Tripolis. Dort steht seit gestern Dienstagnachmittag der grosse Bundesratsjet, um die beiden Schweizer Geiseln rückzuführen, die seit Juli 2008 nicht aus Libyen ausreisen dürfen. Offenkundig gibt es Probleme. Der Bund äussert sich dazu nicht, er hat bisher nicht einmal den Flug des Jets nach Tripolis bestätigt.
Der langjährige Journalist und Nahost-Experte Erich Gysling äussert im Interview mit 20 Minuten Online die Befürchtung, dass die beiden Schweizer erst kurz vor dem 1. September ausreisen dürfen. Für diesen Tag hat Bundespräsident Merz eine mündliche Zusicherung von libyscher Seite. Gysling glaubt nicht an die kursierende Begründung, es komme aufgrund des Fastenmonats Ramadan zu Verzögerungen. «Offenbar sagt die Gaddafi-Familie, lassen wir die Schweizer noch etwas schmoren.» Wenn Gaddafi ein Machtwort sprechen würde, so Gysling, wäre das Flugzeug innerhalb einer Stunde in der Luft.