Armee hätte Geiseln nicht befreien können

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Libyen-AffäreArmee hätte Geiseln nicht befreien können

Während die zwei Schweizer in Libyen weiter hingehalten werden, hat sich Verteidigungsminister Ueli Maurer zu einem Militäreinsatz geäussert. Die Schweizer Eingreiftruppe wäre nicht imstande gewesen, die Schweizer zu befreien — obwohl das eigentlich im Pflichtenheft steht.

Lukas Mäder
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Lukas Mäder

Noch gestern Mittwochabend hatte das Finanzdepartement eine optimistisch klingende Medienmitteilung verschickt, die Schweizer hätten ihre Pässe und die nötigen Ausreisevisa erhalten (20 Minuten Online berichtete). Doch getan hat sich nichts. «Wir warten weiterhin auf Informationen aus Libyen», sagt Roland Meier, Sprecher des in der Angelegenheit federführenden Finanzdepartements. Weitere Auskünfte gibt es nicht.

Libysche Schikane geht weiter

Offiziell fehlt den beiden Schweizer Geiseln eine Zustimmung zur Ausreise des libyschen Justizministeriums. Darauf warten die zwei Geiseln und die Schweizer Delegation, die am Dienstag mit einem Bundesratsjet in Tripolis eingetroffen ist, nun bereits seit zwei Tagen. Das macht klar, dass es sich bei der ministeriellen Zustimmung nicht um eine administrative Notwendigkeit handelt, sondern um eine pure Schikane. Die Familie von Gaddafi scheint die Schweiz und insbesondere Bundespräsident Hans-Rudolf Merz desavouieren zu wollen.

Keine Auskunft gibt das EFD zudem darüber, ob der Bundesratsjet weiterhin in Tripolis bleibt oder nach Bern zurückbeordert wird. Zu dieser Frage hat sich aber Verteidigungsminister Ueli Maurer, in dessen Bereich der Bundesratsjet der Luftwaffe fällt, am Rande einer Medienkonferenz geäussert. «Es ist ab und zu der Fall, dass ein Flugzeug mit einer Delegation für ein Paar Tage im Ausland bleibt», sagte er. Eventuell müsse ein Jet dazugemietet oder auf Linienflüge ausgewichen werden. Laut Maurer ist das so üblich.

«Elitetruppe reicht für solche Räuberaktionen nicht»

Weniger beruhigend war Maurers Einschätzung seiner Elitesoldaten. Das Aufklärungsdetachement 10 (AAD 10) hätte eine Befreiung der beiden Schweizer aus Libyen nicht durchführen können, sagte er — obwohl das Pflichtenheft eine Evakuierung bedrohter Schweizer vorsieht. Dafür genügten die Transportkapazitäten nicht und das AAD 10 sei zu klein, da es statt dem Sollbestand von 90 Mann nur rund ein Drittel davon umfasse. «Das reicht für solche Räuberaktionen nicht», sagte Maurer. Sowieso wäre ein solcher Einsatz nicht opportun gewesen.

In der Libyen-Affäre hat seit einigen Wochen das Finanzdepartement die Federführung vom Aussendepartement (EDA) übernommen. Gerüchteweise habe das bei der Aussenministerin Micheline Calmy-Rey keine Freude ausgelöst. Trotzdem scheint die SP-Bundesrätin Zeit für dieses Dossier aufzuwenden. Sie hat ihre Teilnahme an einer Veranstaltung am Samstag in Winterthur abgesagt — «wegen der aktuellen aussenpolitischen Situation», wie die SP Winterthur als Organisatorin mitteilt. EDA-Sprecher Adrian Sollberger will zu den Gründen keine näheren Angaben machen: «Bundesrätin Calmy-Rey ist kurzfristig verhindert.» Sie bedaure die Absage.

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