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Fall MannichlHat der Polizeichef etwas zu verbergen?

Der Passauer Polizeichef Alois Mannichl ist dreieinhalb Wochen nach dem Messerattentat auf ihn zurück im Dienst. Doch je länger ermittelt wird, umso dubioser scheint der Fall zu sein. «Irgendetwas passt da nicht zusammen», heisst es aus Polizeikreisen.

Am Mittwoch übernahm Alois Mannichl wieder die Leitung der Passauer Polizeidirektion. Er sei halt «ein eingefleischter Polizeibeamter», sagte er dem Mitteldeutschen Rundfunk (MDR). Er hoffe, bald in den Alltag zurückzufinden.

Mannichl will in Fürstenzell wohnen bleiben, auch wenn er Angst um seine Familie habe. Er sei dort fest verwurzelt, so der Polizeichef weiter. Würde er sofort die Segel streichen, wäre dies eine Bankrotterklärung für die Demokratie.

Körperlich sei alles so weit gut verheilt, es zwicke nur noch manchmal, sagte er der AP. Die psychische Seite sei ein anderes Thema. «Da bleiben Narben», erklärte der 52-Jährige.

Fünf unklare Punkte

Es sind aber nicht nur Narben, die nach der Messerattacke vom 13. Dezember 2008 geblieben sind. Es gibt auch viele Ungereimtheiten, oder wie es erfahrene Ermittler sagen: «Irgendetwas passt da nicht zusammen.»

Das Erste, was für die Ermittler «nicht passt», ist der Tathergang: Mannichl behauptet, ein Rechtsradikaler habe mit einem Messer auf ihn eingestochen. Das scheint aber nicht zu einer politisch motivierten Tat zu passen. Denn wenn ein Täter sein Opfer aus der Nähe zu töten versuche, deute das eher auf einen persönlichen Racheakt hin, etwa ein Beziehungsdrama.

Ausserdem agiere die rechtsradikale Szene auf eine andere Art und Weise: Der vermeintliche Täter hätte sich im Normalfall bald nach dem Angriff mit seiner Tat gebrüstet. Doch bis jetzt liegt weder ein Bekennerschreiben vor noch hat sich eine Gruppe bei den Behörden gemeldet.

Gehe man hingegen davon aus, dass der Täter aus einer Gruppe der organisierten Kriminalität (OK) stammt, passe der Hergang des Angriffs ebenfalls nicht ins Bild: «Ein Täter aus der OK-Szene kommt nicht unvermummt vor die Tür und greift sich ein Messer, das dort herumliegt. Da geschieht ein Autounfall, und man kann nichts nachweisen», wissen die Fahnder.

Das Messer, mit dem der Polizeichef erstochen wurde, stammt aus dem Haushalt der Mannichls. Der Täter habe es vor dem Eingang des Hauses gefunden. Es war nach einem Fest mit Nachbarn verwendet worden, um Lebkuchen zu schneiden und draussen vergessen worden. Doch von Lebkuchen waren keine Spuren zu finden, die vorhandenen DNA-Spuren konnten auch keinem Fremden zugeordnet werden. Wischspuren, die vorhanden sein müssten, wenn der Täter Handschuhe getragen hätte, waren auch keine erkennbar.

Der Täter ist das nächste Rätsel. Nach Angaben Mannichls sei er ein grosser Mann, etwa 1.90 Meter, aus der rechtsradikalen Szene, mit niederbayerischem oder oberösterreichischem Akzent. Eine Zeugin will ein Tattoo am Hals des Aggressors gesehen haben: Eine Schlange hinter dem Ohr oder ein Kreuz im Gesicht. Einen Mann aus der Neonazi-Szene mit diesen Merkmalen hätte man bereits längst gefunden, erklärt ein erfahrener Ermittler gegenüber der «Süddeutschen Zeitung». Doch bis jetzt kommt kein Verdächtiger mit dieser Beschreibung in Frage. Diesen Mann gibt es nicht, ist nun der letzte Stand der Ermittlung.

Die Familie wurde nie ins Visier genommen

Anders als normalerweise bei derart unklaren Tathergängen haben die Ermittler diesmal das private Umfeld des Opfers nicht überprüft. Weder die erwachsene Tochter noch der in Berlin lebende Sohn von Alois Mannichl wurden befragt. Ein erfahrener Polizist weiss aber, dass die eingehende Recherche der Familienverhältnisse einen Drittel der Ermittlungsarbeit ausmacht.

Viele offene Fragen, viele Ungereimtheiten gibt es im Fall Mannichl - nun hat das Landeskriminalamt die Sache völlig neu aufgerollt.

(kle)

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