Merz' Departement verbietet iPhones

Aktualisiert

BundesverwaltungMerz' Departement verbietet iPhones

Ab sofort gibt es für Mitarbeiter der Bundesverwaltung keine iPhones mehr. Das Verbot offenbart auch, wie unkoordiniert die Bundesstellen bei dem Thema sind.

von
Lukas Mäder

Nach der Rettung der UBS, dem Angriff auf das Bankgeheimnis und der Libyen-Krise muss sich der Bundesrat einer neuen Herausforderung stellen. Er muss entscheiden, ob das iPhone als offizielles Geschäftshandy in der Bundesverwaltung zugelassen wird. Der Entscheid der Landesregierung über dieses technische Detailproblem wird nötig, weil sich die Departemente nicht einigen konnten. Eigentlich sollte der Informatikrat des Bundes als oberstes Organ in solchen Belangen über die neue Smartphone-Strategie und damit auch über die iPhone-Frage entscheiden, sagt Roland Meier, Sprecher des Finanzdepartement EFD. Doch es sei zu einer Patt-Situation gekommen, weshalb die Landesregierung als nächsthöhere Ebene angerufen wurde.

Für Erstaunen sorgt aber nicht nur, dass nun der Bundesrat über Sicherheitsfragen bei Smartphones urteilen muss, sondern auch, dass die Bundesverwaltung schon seit Monaten iPhones als Geschäftshandys abgibt, obwohl das laut der Richtlinie gar nicht erlaubt wäre. Denn die derzeit gültige — und schon einige Jahre alte — Smartphone-Strategie sieht nur Windows-Mobile-Geräte vor. Trotzdem hat das Bundesamt für Bauten und Logistik (BBL) ab März 2009 iPhones eingekauft — weil das Bundesamt für Informatik und Technologie (BIT) diese bestellt habe, wie es als Begründung heisst.

Doch das BIT wiederum kann sich in Sicherheitsfragen auf einen Entscheid des Ausschusses Informatiksicherheit stützen. Dieser beschloss vor einigen Monaten gewisse Sicherheitsrichtlinien, bei deren Einhaltung iPhones mit dem Outlook der Bundesverwaltung synchronisiert werden. Und dieser Ausschuss für Informatiksicherheit ist Teil des Informatikrats des Bundes. Damit schliesst sich bei der faktischen Zulassung von iPhones der Kreis. Offenbar spricht der Bund bei Informatikfragen nicht mit einer Stimme.

iPhones eingezogen

Opfer dieses unkoordinierten Vorgehens sind Mitarbeiter der Bundesverwaltung. Ab sofort werden keine neuen iPhones mehr ausgegeben oder deren Synchronisierung konfiguriert, wie die «Berner Zeitung» berichtet. Aufgegebene Bestellungen storniert das BBL, das BIT darf ausgelieferte Geräte nicht mehr einrichten. Am härtesten trifft es die Mitarbeiter des Generalsekretariats des Finanzdepartements. Ihre iPhones wurden gegen herkömmliche Windows-Mobile-Geräte ausgetauscht. Verantwortlich für diesen Entscheid vom 7. Juli ist Hans-Rudolf Merz' Generalsekretärin, Elisabeth Meyerhans, die offenbar selbst kein iPhone benutzt. Laut Sprecher Meier hat sie diesen Entscheid getroffen, ohne mit Finanzminister Merz Rücksprache zu nehmen. Meyerhans war für eine Stellungnahme nicht erreichbar.

Die Anordnung von Merz Generalsekretärin stösst bei den Betroffenen auf Unverständnis. «Unsere Kunden sind nicht zufrieden damit, dass wir Anfragen zur Synchronisierung negativ beantworten müssen», sagt BIT-Sprecher Claudio Frigerio. Man habe dieses Angebot eingeführt, da es eine Nachfrage gegeben habe. Das sei auf grosse Akzeptanz gestossen. Die Anweisung von Meyerhans begründet EFD-Sprecher Meier damit, dass es nicht angehe, trotz ausstehendem Bundesratsentscheid weiterhin iPhones auszuliefern. «Mit dem Stopp kann der Bundesrat frei entscheiden», sagt er.

«Es ist nicht Weihnachten»

Peter Fischer, als Delegierter des Informatikstrategieorgans Bund ebenfalls dem Finanzdepartement angegliedert, äussert sich nicht zum Beschaffungsstopp. Er gibt aber zu bedenken, dass der Arbeitgeber zwar mit aktuellen Technologien attraktiv sein wolle, aber nicht alle Wünsche der Arbeitnehmer erfüllen könne. Der Bund habe ein Interesse daran, seinen Mitarbeitenden die für ihre Arbeit notwendigen Werkzeuge zur Verfügung zu stellen, sagt Fischer. «Aber es ist nicht Weihnachten.» Laut Fischer muss der Bundesrat Grundsatzfragen beantworten: «Er muss eine Risikoabwägung vornehmen zwischen Sicherheit, Wirtschaftlichkeit und Benutzerfreundlichkeit.»

Die Benutzerfreundlichkeit des iPhones haben bereits einige Bundesangestellte entdeckt. Derzeit seien 680 solche Geräte im Einsatz, wie EFD-Sprecher Meier eine Angabe der «Berner Zeitung» bestätigt. Nur zwei Departemente, das Justiz- und das Verteidigungsdepartement, und die Bundeskanzlei verzichten auf iPhones. Bis zu den Departementsvorstehern hinauf ist das Gerät populär. Bereits vier Bundesräte sollen ein iPhone benutzen, was bei Bundespräsidentin Doris Leuthard und von Aussenministerin Micheline Calmy-Rey bestätigt ist. Damit könnte es im Bundesrat eine Mehrheit für Apples Smartphones geben. Die Regierung soll noch im Herbst darüber entscheiden.

Unternehmen setzen auf Blackberry

Während der Bund auf Windows-Mobile-Geräte setzt und über den Einsatz von iPhones streitet, setzen Unternehmen stark auf die Marke Blackberry. Bei Credit Suisse und ABB kommen ausschliesslich diese Geräte zum Zug. Die Grossbank UBS setzt ebenfalls ausschliesslich auf Blackberry. Laut Sprecher Andreas Kern könnte sich das jedoch bald ändern: «Wir prüfen zurzeit die Möglichkeit der Einbindung von privaten iPhones der Mitarbeiter zur Nutzung der Kalender-, Adressbuch- und Email-Funktion.» Voraussetzung sei dabei, die private Nutzung des Geräts nicht einzuschränken. Und die UBS stellt Anforderungen: «Die Einführung einer solchen Lösung muss den strengen Sicherhheitstandards von UBS genügen.»

Bei Novartis haben die Mitarbeiter laut einer Sprecherin einige Smartphones zur Auswahl – darunter auch das iPhone. Allerdings hätten die meisten Angestellten einen Blackberry. Bei Roche werden laut Sprecher Alexander Klauser als Geschäftstelefone Blackberrys sowie iPhones benutzt. Detailhändler Coop setzt auf viele gängige Smartphones, die E-Mail- und Kalenderfunktionen bieten. «Wer ein iPhone braucht, weil er sich beispielsweise mit Applikationen beschäftigt, erhält selbstverständlich eines», sagte Sprecherin Denise Stadler zu 20 Minuten Online. Kader hätten in der Regel aber einen Blackberry.

Was die Sicherheitsfrage bei iPhone angeht, gibt der Telekommuinikationsanbieter Swisscom eine klare Antwort. Die Firma hält laut Sprecher Olaf Schulze eine ganze Palette an Handys für die Mitarbeiter bereit, darunter auch das iPhone. «Sicherheitsbedenken haben wir beim iPhone keine.» (hst/mbu)

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