Entführte Besatzung von MV Glarus wohlauf

Aktualisiert

Gekaperter Schweizer FrachterEntführte Besatzung von MV Glarus wohlauf

Piraten verschleppen vor der Küste Nigerias zwölf Crewmitglieder eines Schweizer Frachters. Jetzt steht die Reederei mit den Entführern in Kontakt.

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Die Irrfahrt der Glarus: Bewegungstracking des Frachters der Stunden nach dem Überfall.
So sieht das 2001 gebaute Schiff aus.
Die Flotte der Genfer Reederei Massoel Shipping: Insgesamt hat sie elf Schiffe unter Schweizer Flagge.
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Die Irrfahrt der Glarus: Bewegungstracking des Frachters der Stunden nach dem Überfall.

Nach dem Überfall auf den Schweizer Frachter «Glarus» vor der Küste Nigerias steht die Reederei Massoel Shipping jetzt im Kontakt mit den Entführern von den zwölf verschleppten Besatzungsmitgliedern.

Die Mitarbeiter seien alle zusammen und wohlauf, liess Massoel aus Genf am Dienstag über eine Agentur in London mitteilen.

Über das weitere Vorgehen werde nichts gesagt, um die Sicherheit der Männer nicht zu gefährden, teilte MTI Network am Dienstag mit.

«Piraten waren je mit einer Kalaschnikow bewaffnet»

Samstag, 22. September 2018: Es ist 6 Uhr, als die Piraten in einem Schnellboot auf die MV Glarus zurasen. Das Schweizer Frachtschiff liegt in der Bucht von Biafra, noch rund 130 Kilometer vor der nigerianischen Küste im Osten des Landes entfernt. Ziel der 19-köpfigen Crew ist der Überseehafen in Port Harcourt.

Der nigerianische Marine-Sicherheitsberater Barrister Patrick Onukwugha aus Bonny Island berichtet, was an diesem frühen Samstagmorgen weiter passiert: «Die Piraten kamen zu siebt, jeder mit einer Kalaschnikow bewaffnet, ihr Boot war mit doppelten 200-PS-Aussenbordmotoren ausgerüstet», sagt er zu 20 Minuten.

Ingenieur ins Bein geschossen

Dann entern die Banditen den Frachter, stürmen die Kommandobrücke und die Kabinen der Crew, erbeuten Laptops, Geld und andere Wertsachen (lesen Sie hier von den Erfahrungen eines Schweizers im Kampf gegen die Piraterie).

Bei der Attacke schiessen die Piraten einem Besatzungsmitglied, dem dritten Ingenieur, ins Bein. Während die Banditen den Ukrainer an Bord lassen, verschleppen sie den slowenischen Kapitän und elf weitere Crewmitglieder an einen unbekannten Ort.

Geiseln aus Bosnien, Kroatien und Slowenien

Wie schon am Wochenende bekannt wurde, befinden sich unter den zwölf Geiseln keine Schweizer. Unter den Entführten befinden sich philippinische Staatsangehörige und fünf Europäer. Marine-Sicherheitsberater Onukwugha zufolge handelt es sich dabei um folgende Personen:

- Kapitän (Slowenien)

- Erster Offizier (Ukraine)

- Dritter Offizier (Philippinen)

- Chef-Ingenieur (Rumänien)

- Elektriker (Kroatien)

- Bootsmann (Philippinen)

- zwei Vollmatrosen (Philippinen)

- Monteur (Bosnien)

- Öler (Philippinen)

- Koch (Philippinen)

- Schiffsarzt (Philippinen)

Frachter sicher vor Anker

«Wir hoffen auf ihre sichere Freilassung», sagte der Sprecher der Genfer Reederei Massoel Shipping am Sonntag zu 20 Minuten. Man sei mit den Familien der Geiseln in Kontakt.

Die MV Glarus selbst wird von der nigerianischen Navy in Sicherheit gebracht und liegt laut der Reederei nun sicher in Port Harcourt vor Anker. Die Behörden untersuchten das Schiff, so der Reederei-Sprecher.

Die sieben verbliebenen Besatzungsmitglieder sind an Bord. Der angeschossene Ingenieur wird medizinisch behandelt. Ebenso ein Crewmitglied, das sich während des Überfalls selber leicht verletzt hatte.

Neue Besatzung

In der Geiselnahme ermittelt aktuell die nigerianische Marine. Erfahrungsgemäss würden die Entführten nach zwischen zwei bis vier Wochen meist unversehrt freigelassen – unter welchen Bedingungen sei allerdings nicht bekannt, so Alhaji Sule, Geschäftsführer der Allison Shipping Agency. Die nigerianische Speditionsfirma kümmerte sich zwischenzeitlich um die Formalitäten der MV Glarus.

Deren Besatzung muss nun möglichst schnell wieder aufgestockt werden, um den Frachter wieder in Betrieb zu nehmen. Das dauere gut eine Woche, so Sule.

Der Schweizer Frachter hatte Weizen aus Europa geladen, den er von Lagos im Westen von Nigeria nach Port Harcourt im Osten des afrikanischen Landes transportieren wollte.

(kko/sda)

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