Ex-Miss fürchtet nach Mordfällen um ihr Leben

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IrakEx-Miss fürchtet nach Mordfällen um ihr Leben

Vier prominente Frauen wurden im Irak innert kürzester Zeit getötet. Frauenrechtlerinnen sehen darin eine Botschaft, um Irakerinnen «zu Hause einzusperren».

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Shimaa Qasim wurde 2015 zur Miss Irak gewählt – in den ersten Miss-Wahlen des Landes seit 43 Jahren. Damals wütete der «Islamische Staat» im Irak. Qasim schnappte sich nach der Krönung das Mikrofon und sagte: «So stelle ich mich dem Terrorismus entgegen!» Heute, drei Jahre später, hat sie der Mut verlassen.
Vier prominente Irakerinnen wurden in den letzten Monaten teils auf offener Strasse ermordet. Und auch Qasim (25) erhält Morddrohungen. «Du bist die Nächste», lautete eine Botschaft an sie. Die Ex-Miss ...
... hat deswegen beschlossen, das Land zu verlassen und nach Jordanien zu fliehen.
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Shimaa Qasim wurde 2015 zur Miss Irak gewählt – in den ersten Miss-Wahlen des Landes seit 43 Jahren. Damals wütete der «Islamische Staat» im Irak. Qasim schnappte sich nach der Krönung das Mikrofon und sagte: «So stelle ich mich dem Terrorismus entgegen!» Heute, drei Jahre später, hat sie der Mut verlassen.

Die 25-jährige Shimaa Qasim fürchtet um ihr Leben. In einem Live-Video richtete sich die Miss Irak von 2015 am Wochenende an ihre 2,7 Millionen Follower und berichtete, dass sie Morddrohungen erhalten habe. Unter Tränen sagte Qasim, sie habe Textnachrichten bekommen, in denen sie gewarnt werde, «die Nächste» zu sein.

Shimaa Qasim hat Angst, ermordet zu werden. (Quelle: Youtube/alanenews)

Im Irak sorgt derzeit die Ermordung von vier prominenten Frauen für Erschütterung. Erst am Donnerstag wurde die 22-jährige Tara Fares im Viertel Camp Sarah in der Hauptstadt Bagdad auf offener Strasse ermordet. Fares war in ihrem Porsche Cabrio unterwegs, als zwei Männer auf einem Motorrad drei Schüsse auf die Ex-Miss Bagdad abgaben. Die Täter konnten bislang nicht gefasst werden.

Drohungen und Beleidigungen auf Social Media

Zuvor waren drei andere junge Frauen ermordet worden. Die Opfer kannten sich nicht persönlich, hatten aber etwas gemeinsam: Sie alle waren sehr aktiv auf Social Media und stellten die konservative Lebensweise im Irak infrage.

Vor allem Fares war durch ihr selbstbewusstes Auftreten zum Instagram-Star geworden. Dort folgen ihr 2,8 Millionen Menschen. Immer wieder veröffentlichte die junge Frau – eine geschiedene, alleinerziehende Mutter – Fotos von sich mit verschiedenen Haarfarben, Tattoos in Shorts und ausgeschnittenen Blusen. Laut BBC wurde Fares auf ihren Social-Media-Accounts immer wieder bedroht und etwa als Nutte beschimpft.

Nach ihrer Ermordung äusserten zahlreiche Fans die Vermutung, dass Fares ihr westlicher Lebensstil zum Verhängnis geworden sei. Einige User spekulierten, dass religiöse Extremisten sie ins Visier genommen haben könnten.

Regierung kündigt Untersuchung an

Zwei Tage vor Fares' Ermordung wurde die Menschenrechtsaktivistin Suad al-Ali in der südirakischen Stadt Basra auf dem Weg zu ihrem Auto erschossen. Al-Ali hatte unter anderem die jüngsten Proteste gegen Stromausfälle und Wasserknappheit in Basra organisiert. Im August wurden zwei weitere Irakerinnen, Rasha al-Hassan und Rafifi al-Yasiri, in derselben Woche getötet. Beide arbeiteten in Schönheitskliniken.

Iraks Premierminister Haider al-Abadi ordnete eine Untersuchung an und versprach, «die Angreifer zu jagen». Die Todesfälle seien keine zufälligen Ereignisse, so al-Abadi.

Zainab Salbi vom Institut Women for Women International in Washington sagte zum «Guardian»: «Frauen werden links und rechts erschossen. Überall. Wir erleben eine moderne Hexenjagd.»

Die Botschaft ist klar: «Überschreitet eure Grenzen nicht»

So sieht es auch Hanaa Edwar, Gründerin der Menschenrechtsorganisation Amal. Sie sagte zur Nachrichtenagentur AFP: «Die Morde sind Drohbotschaften, die nicht nur an Frauen, sondern an die gesamte Gesellschaft gerichtet sind. Die Attacken sollen Frauen, die ein öffentliches Leben führen, dazu zwingen, sich zu Hause einzuschliessen.»

Eine Studentin aus Bagdad stimmt Edwar zu. Sura Ahmed hält es aber für «unwahrscheinlich, dass die Todesfälle die Einstellung gegenüber «nicht konventionell lebenden Frauen ändern» wird.

«Die Botschaft ist klar: ‹Überschreitet eure Grenzen nicht›», sagt Ahmed. Sie hat keine Hoffnung, dass die Mordfälle je geklärt werden.

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