«Ich habe geschrien und die Polizisten beleidigt»

Aktualisiert

Polizeikontrolle eskaliert«Ich habe geschrien und die Polizisten beleidigt»

Vor dutzenden Zeugen ist am Freitagnachmittag in der Freien Strasse in Basel eine Polizeikontrolle eskaliert. Jefferson Mosquera (19) erhebt schwere Vorwürfe gegen die Polizei.

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Jefferson Mosquera (19) wurde am Freitag, 24. Mai, von der Polizei in der Freien Strasse angehalten und kontrolliert. Er fiel der Polizei auf, weil er rasant auf einem Longboard unterwegs war.
Die Kontrolle eskalierte, als er sich eine Zigarette ansteckte. Die Polizei wirft ihm vor, äusserst renitent und aggressiv aufgetreten zu sein. Jefferson widerspricht dieser Darstellung.
Bei der Kontrolle erlitt der Baselbieter mehrere Blessuren, unter anderem ist ein Stück eines Schaufelzahns abgebrochen, als er gegen ein Polizeiauto gedrückt wurde.
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Jefferson Mosquera (19) wurde am Freitag, 24. Mai, von der Polizei in der Freien Strasse angehalten und kontrolliert. Er fiel der Polizei auf, weil er rasant auf einem Longboard unterwegs war.

20 Minuten/lha

Wie fast jeden Tag war Jefferson am Freitagnachmittag mit seinem Longboard unterwegs in der Freien Strasse. Um 14.30 Uhr passierte er erstmals eine Kontrolle der Bike-Patrol. Die Velopolizisten hatten sich auf Höhe der Streitgasse positioniert und wiesen Verkehrsteilnehmer auf allfälliges Fehlverhalten hin – Bussen verteilten sie keine. Die Kontrolle diente laut Kapo Basel-Stadt der Sensibilisierung für gegenseitige Rücksichtsnahme.

Um 15 Uhr rollte der 19-Jährige erneut die Freie Strasse hinunter, doch diesmal wurde er von der Polizei angehalten.

Über das, was danach geschah, gehen die Schildungerungen von Zeugen, der Polizei und Jefferson auseinander. Fakt ist: Der Baselbieter mit kolumbianischen Wurzeln wurde in Gewahrsam genommen und verbrachte die Nacht in einer Gefängniszelle. Er wurde wegen Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte angezeigt. Gegen die beteiligten Polizisten wurden zwischenzeitlich ebenfalls Anzeigen eingereicht.

Das sagt Jefferson

«Der Polizist stoppte mich und sagte mir, ich fahre zu schnell. Ich habe sofort meinen Ausweis hervorgeholt, legte meine Tasche auf den Boden und fragte ihn, ob er mich kontrollieren möchte. Der Polizist hatte keinen freundlichen Tonfall. Dann wollte ich mir eine Zigarette anzünden. Der Polizist wollte mir das verbieten. Ich reagierte impulsiv und sagte, er könne mir das nicht verbieten.»

«Er nahm mir dann die Zigarette aus dem Mund, drückte mich zu Boden und legte mir Handschellen an. Ich habe mich nicht gewehrt.»

Ein Skateboarder wurde im Zuge einer Verkehrskontrolle in der Freien Strasse am 24. Mai festgenommen. Ein Zeuge hat die Szene mitgeschnitten. (Audio)
(Video: Leser-Reporter)

Auf dem Mitschnitt eines Zeugen hört man ihn sagen: «Ich darf rauchen, ihr Idioten.» (Video: Leser-Reporter)

«Ich bekam mit, wie Zeugen fragten, was los sei und dann kam Verstärkung an. Ich war schon am Boden. Der Polizist sagte: ‹Er wehrt sich, er wehrt sich.› Dann drückten sich mich zu Boden, ich habe geschrien und ich habe sie beleidigt. Als sie mich abtransportieren wollten, drückten sie mich so fest gegen das Auto, dass mir ein Zahn abgebrochen ist.

«Ich wollte einfach wissen, warum ich mitgehen sollte, sie haben mir keinen Grund genannt.»

Die Polizisten brachten mich in einen Raum, ich musste mich bis auf die Unterhosen ausziehen. Dann war ich vier Stunden in einer Zelle. Ich konnte niemanden anrufen. Danach brachten sie mich ins Gefängnis. Erst am Samstagmorgen wurde ich befragt. Sie sagten mir, ich hätte Polizisten angegriffen. Das ist nicht wahr. Die Beleidigungen gebe ich zu, ich habe auch gespuckt. Ich sagte dem Polizisten, ich möchte Anzeige machen. Er hat mich angeschrien, was mir eigentlich einfalle. Ich wurde schon oft kontrolliert, aber so etwas habe ich noch nie erlebt. Das war wie in den USA.»

Das sagt die Polizei

«Der 19-jährige Mann suchte sofort die Konfrontation und warf den Polizisten vor, ihn wegen seiner dunkleren Hautfarbe zu kontrollieren. Gleichzeitig deckte er die Polizisten mit Provokationen und Beleidigungen ein. Zur Eskalation kam es, als die kontrollierte Person den Anweisungen der Polizei nicht nachkam, die Hände nicht in die Hosensäcke zu stecken und während der Kontrolle das Rauchen zu unterlassen.

Er steckte sich trotz der klaren Anweisung eine Zigarette an, worauf ein Polizist ihm die Zigarette aus dem Mund zog, worauf dieser herumzufuchteln begann.

«Er schlug einen der Polizisten mit der Schulter ins Gesicht und versuchte, die Passanten aufzuwiegeln.»

An die Adresse der Polizei richtete der Mann zusätzlich zu den Beleidigungen auch Drohungen aus. er wurde kontrolliert zu Boden geführt, von wo aus er einen Polizisten zu bespucken begann. Daraufhin wurde ihm eine Spuckschutzhaube übergezogen. Der junge Mann musste mit der Hilfe herbeigerufener Verstärkung ins Polizeifahrzeug und danach auf die Polizeiwache gebracht werden.

Die Kantonspolizei Basel-Stadt geht bei ihren Einsätzen nach dem ‹3D-Prinzip› vor: Dialog, Deeskalation, Durchgreifen. Leider erzielten Dialog und Deeskalation beim 19-jährigen Mann keine Wirkung, weshalb die beiden Polizisten zum Durchgreifen gezwungen waren.»

Das sagen Zeugen

«Ich habe gesehen, wie sie den jungen Mann auf dem Skateboard gestoppt haben. Einer der beiden Polizisten war ziemlich laut. Ich habe mitbekommen, dass sie einen Ausweis verlangten und er sofort sein Portemonnaie zückte. Dann wollte er rauchen und der Polizist hat ihm die Zigarette weggeschlagen. Als der junge Mann am Boden war, kamen vier weitere Polizisten und haben ihn auf dem Boden fixiert, Knie auf den Rücken und den Nacken gedrückt. Er hat geschrien, dass er nicht gut atmen könne.

Ich habe interveniert und gefragt, was er denn getan habe. Die Polizei hat mich abgewiesen. Am Schluss waren insgesamt 15 Polizisten da und haben ihn dann in Handschellen abgeführt. Es war total übertrieben.»

«Für mich war das ein klarer Fall von Racial Profiling. Sie hätten ihn nicht kontrolliert, wäre er nicht dunkelhäutig gewesen.»

Ein anderer Zeuge berichtet, der junge Mann sei mit hohem Tempo die Strasse hinunter gekommen. «Die Polizisten mit ihren Velos haben den Weg versperrt und er konnte im letzten Moment noch bremsen. Dann wollten sie seine Personalien aufnehmen. Ich habe gesehen, dass er längere Zeit am Boden festgehalten wurde und einige andere Passanten haben sich dann eingeschaltet. Es ist irgendwie eskaliert. Es kamen diverse weitere Polizisten hinzu. Am Schluss waren vier Einsatzfahrzeuge da, zwei davon zivil. Dann wurde er ins Auto gesetzt und weggebracht.»

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