Gassentierärztin in Basel«Die Tiere würden sonst keinen Tierarzt sehen»
Einmal im Monat können Randständige und Armutsbetroffene ihre Tiere in Basel behandeln lassen. Die Gassentierärztin kümmert sich fast gratis um deren Tiere.
Randständige können ihre Tiere von der Gassentierärztin behandeln lassen.
An einem Freitag pro Monat behandelt Igna Wojtyna Politano im Schwarzen Peter im Basler St.-Johann-Quartier Tiere. Der Verein für Gassenarbeit stellt der Tierärztin seine Küche als Behandlungszimmer zur Verfügung. Mit ihrer Assistentin Maya Karrer widmet sie sich vor allem Hunden und Katzen, deren Besitzer kein Geld für einen Tierarzt aufbringen können. Für Behandlungen wird nur ein symbolischer Beitrag fällig, bloss Medikamente kosten.
«Die Leute bringen unserer Arbeit viel Dankbarkeit entgegen», sagt Corinne Frana, Projektmanagerin bei der Susy Utzinger Stiftung für Tierschutz (Sust). «Wir haben festgestellt, dass ein Bedarf für solche Behandlungen besteht. Viele randständige Tierbesitzer haben kein Geld, um sich einen Tierarzt leisten zu können», sagt sie. Politano bestätigt dies: «Die Tiere würden sonst vermutlich keinen Tierarzt sehen.»
Kastrationen in der Vereins-Küche
Die erste Patientin ist die zehnjährige Hündin Fiona. Sie leidet unter Problemen mit den Zähnen und der Verdauung. «Sie ist eine alte Dame», sagt der Besitzer. Seine Frau sei arbeitslos und sein Lohn reiche kaum für zwei. Die Medikamente und das Spezialfutter seien recht teuer. Die Tierärztin berät ihn, wo er beides günstig kaufen kann.
Jedes Mal stünden auch Kastrationen auf dem Plan – Hündinnen können von der Gassentierärztin in Basel noch nicht sterilisiert werden. Die weiblichen Tiere werden in der Praxis in Zürich unfruchtbar gemacht, denn für den grösseren Eingriff sei der Küchentisch im Schwarzen Peter nicht gut geeignet. Ausserdem brauche es für die Behandlung weiblicher Tiere oft mehr Fachpersonen. «Wir versuchen dafür noch eine lokale Lösung zu finden», so Frana.
Manche Besitzer stünden dem Eingriff kritisch entgegen. Oft müsse Überzeugungsarbeit geleistet werden. Dies bisweilen auch, wenn es um Impfungen gehe. «Impfgegner sind nicht nur gegen die Impfung von Kindern, auch ihre Haustiere möchten viele nicht impfen lassen», sagt Politano. Diese Erfahrung mache sie jedoch bei ihrer Arbeit als Gassentierärztin sehr selten. Impfgegnern begegne sie eher unter den Durchschnittsklienten.
Durch Spenden finanziert
Nun ist ein Welpe zur Behandlung im Schwarzen Peter. Er bekommt das volle Programm: er wird geimpft, bekommt einen Chip implantiert und die Halterin bekommt eine Wurmkur mit nach Hause. Die Medikamente stammen ebenso von Spendern wie das Futter, das die Stiftung den Tierhaltern teilweise mitgibt. Generell finanziert sich das Programm der Gassentierärztin aus Spenden. Da die Ressourcen begrenzt seien, könnten nicht alle Patienten behandelt werden. «Theoretisch würden viel mehr Tierbesitzer zu uns kommen, aber unser Angebot ist beschränkt», sagt Frana.
Bei der Arbeit gehe es nicht nur um die Tiere, sondern auch um ihre Besitzer. Über die Tiere komme man oft auch an den Menschen selbst heran. Es seien teilweise Personen, die irgendwo versteckt leben und sich mehr um ihre Vierbeiner als um sich selbst sorgen. «Manchmal können wir auch den Menschen selbst überzeugen, zum Arzt zu gehen», sagt die Tierärztin.