1. August«Vor meinem Haus schrien sie rassistische Parolen»
Am Abend des 1. August versammelte sich eine Gruppe junger Männer vor dem Wohnhaus von Markus Keller in Giebenach BL und brüllte rassistische Parolen. Es war nicht das erste Mal.
Es ist 1. August, spätabends. Markus Keller* schaut zuhause in Giebenach fern. Schon den ganzen Abend knallt es im Dorf, Feuerwerk wird gezündet. Als das Knallen gegen Mitternacht lauter wird, schaut Keller zum Fenster hinaus – und sieht, dass sich auf seinem Grundstück eine Gruppe junger Männer versammelt hat.
«Ich habe gesehen, wie sie etwa einen Meter von meinem Auto entfernt Feuerwerk gezündet haben», erinnert sich Keller. Die Gruppe entdeckt den Mann am Fenster und beginnt, rassistische Pöbeleien zu rufen. «Wir ficken deine Negerin, wir ficken deine Mutter», schreien sie mehrmals.
«Ich wollte ihnen nicht die Freude machen, mich provozieren zu lassen, schaltete den Fernseher aus und ging bald ins Bett. Wenn meine Frau zuhause gewesen wäre, hätte ich wahrscheinlich anders reagiert», so Keller. Seine Frau stammt aus Togo. Im Dorf gebe es grundsätzlich kein Problem mit Rassismus, sagt Keller. Trotzdem beschäftige und verstöre ihn der Vorfall.
Nicht zum ersten Mal
Vor zwei Jahren war es bereits zu einer ähnlichen Situation gekommen. Eine Gruppe Jugendlicher und junger Männer hielt sich abends in der Einfahrt von Kellers Grundstück auf und war dabei laut. Keller verliess sein Haus und forderte die Gruppe auf, woanders hinzugehen.
Ein Wortführer der Gruppe meinte zu ihm, dass Keller mit «seinem Affen» ihm sowieso nichts könne. Keller erstattete Anzeige.
Der Wortführer stand vor Gericht
Der Wortführer der Gruppe stand wenige Monate später unter anderem wegen des Vorfalls vor Gericht und wurde verurteilt. Er hat inzwischen seine gerichtlich verordnete Massnahme abgeleistet.
Der verantwortliche Gemeinderat Claude Zufferey (parteilos, früher SVP) sagt zum Vorfall vom 1. August: «Die rassistischen Parolen sind nicht erwiesen. Und selbst wenn: Wahrscheinlich waren die Jugendlichen betrunken. Man muss den gesunden Menschenverstand einschalten.»
«Dass sie aus dem Nichts pöbeln, kann nicht sein»
Beim Vorfall handle es sich um «eine Bagatelle.» Und weiter: «Dass die Jugendlichen einfach so aus dem Nichts pöbeln, kann nicht sein». Er sei seit einem Jahr für Ruhe und Ordnung im Dorf zuständig. «Weder wegen Lärmbelästigung noch weder Rassismus haben sich Anwohner je bei mir gemeldet. Ich habe auch mit der Polizei gesprochen – es gab diesbezüglich keine Polizeieinsätze», sagt Zufferey.
Adrian Gaugler, Sprecher der Baselbieter Polizei, bestätigt auf Anfrage allerdings zwei Polizeieinsätze wegen Ruhestörung im Bereich der Schule, der unmittelbaren Nachbarschaft von Keller.
Eine Nachbarin der Schule sagt gegenüber 20 Minuten, dass sie die Lärmbelästigungen auch wahrnehme – oft bis spät in die Nacht. Rassistische Beschimpfungen habe sie zwar keine mitbekommen, glaube das ihrem Nachbar aber «voll und ganz». Vor zwei Jahren hätten die Jugendlichen der Frau gesagt, sie solle «Bananen pflücken gehen».
*Name geändert