Ungelöst und verjährtNeue Erkenntnisse zum Fünffachmord von Seewen
Lange wurde vermutet, dass Carl Doser den Fünffachmord von Seewen aus einem familiären Motiv beging. Diese These kann nun widerlegt werden.
Wieso trug der mutmassliche Mörder von Seewen, Carl Doser, nicht den Namen seiner Mutter Rosa Maria Lederer? Dieser Umstand ist für die Untersuchung des Fünffachmords von Seewen nicht unerheblich. Der Fall ist das grösste ungelöste Verbrechen der Schweizer Kriminalgeschichte. Die Bluttat vom 5. Juni 1976 ist 2006 verjährt.
An besagtem Samstag vor Pfingsten wurden im Wochenendhaus Waldeggli, das etwas ausserhalb der Schwarzbubengemeinde Seewen liegt, das Hausbesitzerpaar Eugen und Elsa Siegrist, Eugens Schwester Anna Westhäuser und ihre beiden Söhne Emanuel und Max Westhäuser getötet. Die Opfer wiesen Schüsse in Stirn und Brust auf, die aus kurzer Distanz abgegeben worden waren.
Nachdem 20 Minuten den Fall an Heiligabend neu aufgerollt hatte, meldete sich ein ehemaliger Klassenkamerad von Carl Doser bei der Redaktion. Der pensionierte Ingenieur hat den Fall stets mit grossem Interesse verfolgt und dieses Jahr eigene Nachforschungen angestellt, nachdem das Buch von Jacques Nordmann ein mögliches Motiv für den Fünffachmord geliefert hatte.
Die Antwort lag im Stadtarchiv
Allein, es kann nicht stimmen. Carl Doser war nicht der uneheliche Sohn von Eugen Siegrist. Lange wurde angenommen, dass der verwehrte Anschluss an die Familie das Mordmotiv lieferte, die mysteriösen Treffen mit einer unbekannten Person und nicht mehr rekonstruierbare Telefonate in den Monaten vor der Tat, die Eugen führte. Es schien plausibel, dass dahinter Carl Doser steckte. Das kann nach wie vor nicht ausgeschlossen werden, aber familiäre Gründe gab es dafür nicht.
Im Stadtarchiv Olten liegt nämlich die Antwort, wer Dosers tatsächlicher Vater war. Carl wurde 1947 als uneheliches Kind geboren und trug zunächst den Ledignamen seiner Mutter Schrögenauer. Nachdem ihn sein Vater Arnold Doser mit Standesfolge anerkannt hatte, trug Carl fortan den Nachnamen Doser und erhielt die Schweizer Staatsbürgerschaft.
Dosers Mutter Rosa Maria war schon seit 1944 verwitwet und Arnold ab Mai 1945 geschieden. Die beiden wurden ein Paar, heirateten aber nie. Arnold Doser verstarb 1953. «Carl Doser hat seinen Vater als Kind also sehr wohl gekannt, damit kann dieses Tatmotiv ausgeschlossen werden», folgert Dosers ehemaliger Klassenkamerad.
Der Tatverdacht bleibt
Am dringenden Tatverdacht ändert sich dadurch nichts. Weiterhin ist Carl Doser der Besitzer der Tatwaffe, die in der Einbauküche der Wohnung seiner Mutter am Ritterweg 1 in Olten gefunden wurde. Carl musste sie nach der Tat dort versteckt haben. Erst 1996 tauchte sie auf. Carl war da schon längst untergetaucht und ist es bis heute. Die Frage, warum er Eugen Siegrist und vier seiner Angehörigen am 5. Juni 1976 im Wochenendhaus Waldeggli erschoss, bleibt damit weiterhin ungeklärt.