Kunst mit Kuhmist – Staunen und Würgereize

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Berner InnenstadtKunst mit Kuhmist – Staunen und Würgereize

Ein Miststock mitten in der Berner Innenstadt. Ab dieser Kunst rümpfte manch einer die Nase.

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Barbara Kiener flechtet auf dem Berner Bahnhofplatz Kuhmist. (Video: pal)

Heute Nachmittag rümpften so einige Berner die Nase: Zehn Tonnen Kuhmist verliehen dem Bahnhofsplatz am Donnerstag einen neuen Duft. Die Künstlerin Barbara Kiener begann um 16 Uhr eine aussergewöhnliche Darbietung: «Ich werde heute 10 Tonnen Kuhmist stapeln respektive flechten», so die Oberländerin. Gut vier Stunden dauerte die stumme Kunstperformance.

Eleganter Misthaufen

Im weissen Beinkleid und mit einer Mistgabel ausgestattet faltete sie die braune Masse, bestehend aus Kuhmist und Stroh, und schichtete sie allmählich zu einem sauberen Miststock – das alles mitten in der Berner Innenstadt, direkt vor dem Hauptbahnhof. Städter betrachteten die Aktion mit gemischten Gefühlen: Während die einen verblüfft und interessiert dem Geschehen folgten, kämpften andere mit dem Würgereiz. «Es ist irgendwie geil, weil total abgespaced», so eine Zuschauerin. Ein anderer Passant meinte: «Igitt, das ist widerlich. Wozu das alles bitteschön?»

Zwischen Stadt und Land

Die Künstlerin aus Interlaken will mit der Aktion das Verständnis zwischen Stadt und Land fördern. Ausserdem sei Mistflechten ein anspruchsvolles Handwerk, das heute kaum noch betrieben werde: «Mich hat diese Kunst sehr fasziniert, vor allem diese wahnsinnige Absurdität, Kuhmist auf solche liebevolle Art zu verarbeiten», schwärmt die Künstlerin.

Das Flechten wird heute nur noch sehr selten von Landwirten praktiziert: «Es war schwierig, jemanden zu finden, der mit mir üben konnte», so Kiener. Nach langem Suchen stiess sie schliesslich auf einen Bauern, der ihr das Handwerk beibrachte. «Ich haben mehrere Stunden pro Tag geübt», erzählt die Oberländerin. Auch ein kleiner Muskelkater gehörte zur Vorbereitung, denn das Mistflechten braucht sehr viel Kraft.

Mistgabeln blieben stecken

Passanten hatten die Möglichkeit, die Künstlerin bei ihrem Vorhaben zu unterstützen: Einige Mistgabeln waren vor Ort bereitgestellt. «Der Betrachter ist auch Teil der Performance», so Kiener. Während 20 Minuten die Aktion begleitete, griff jedoch niemand zum Werkzeug: «Wozu auch, was soll es bringen, 10 Tonnen Scheisse zu stapeln?», meint ein junger Mann vor Ort.

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