Zoff in Supermärkten – Polizei verstärkt Präsenz

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HamsterkäufeZoff in Supermärkten – Polizei verstärkt Präsenz

Mancherorts ist die Stimmung in den Lebensmittelgeschäften gereizt, es kam schon zu Streitigkeiten. Die Berner Kantonspolizei erhöht ihre Präsenz, Aldi das Sicherheitspersonal.

von
sul
Hamsterkäufe gabs in den letzten Tagen und Wochen vermehrt – obschon der Bundesrat mehrfach betonte, die Versorgung der Schweiz sei sichergestellt.
Bilder von Leser-Reportern und auf Social Media zeugen vom Kaufwahn.
Zuweilen kam es gar zu Anfeindungen unter Kunden, wie die Mitarbeiterin eines grösseren Detailhändlers erzählt.
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Hamsterkäufe gabs in den letzten Tagen und Wochen vermehrt – obschon der Bundesrat mehrfach betonte, die Versorgung der Schweiz sei sichergestellt.

Leser-Reporter

Die Versorgung der Schweiz mit Nahrungsmitteln und Medikamenten sei sichergestellt, Notvorräte anzulegen sei nicht nötig: Gesundheitsminister Alain Berset warnte bei der Medienkonferenz am Montag, als der Bundesrat die «ausserordentliche Lage» erklärte, einmal mehr davor, in Panik zu verfallen.

Die Botschaft der Landesregierung kam offenbar aber nicht bei allen an. Vermehrt ist es in den letzten Tagen in der ganzen Schweiz zu Hamsterkäufen gekommen, davon zeugen zahlreiche Bilder leerer Regale in den sozialen Medien. Mancherorts hat die angespannte Lage gar zu Anfeindungen zwischen Kunden geführt.

Monstereinkäufe und Handschuhträger

«Wegen bestimmter Artikel prügeln die Leute fast aufeinander ein», erzählt die Angestellte eines grossen Detailhändlers, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen will. Die Stimmung sei gereizt: Mehrfach habe sie schon beobachtet und auch von Arbeitskolleginnen vernommen, dass sich Konsumenten gegenseitig anschnauzten und wenig Rücksicht aufeinander nähmen, so die junge Bernerin.

Es gebe jene, die nur ein bisschen mehr kaufen als sonst, andere aber würden in Panik verfallen und Monstereinkäufe tätigen. «Manche Kunden kommen sogar mit Handschuhen in den Laden und packen die Artikel einzeln in Plastiksäckli ab. Wenn ich sie dann zum Scannen rausnehmen muss, werde ich zusammengestaucht», sagt die Angestellte. Auch sei sie schon angegiftet worden, weil kein Desinfektionsmittel mehr vorhanden war.

Noch keine Polizeieinsätze, aber ...

Trotz einiger Gehässigkeiten verzeichnete die Berner Kantonspolizei in den letzten Tagen keine Einsätze in Lebensmittelgeschäften. Allerdings stünden diese unter besonderer Beobachtung, wie Sprecherin Jolanda Egger auf Anfrage sagt: «Wir sind nun vermehrt präsent bei jenen Geschäften, die noch offen sind.» Dies, um bei allfälligen Auseinandersetzungen eingreifen zu können und grössere Menschenansammlungen zu verhindern.

Bei der Kantonspolizei Solothurn halten sich die Kontrollen aktuell «im Rahmen der ordentlichen Patrouillentätigkeit oder aufgrund entsprechender Hinweise», sagt Sprecherin Astrid Bucher. Jedoch könne sich je nach Entwicklung «die Einsatzdoktrin der Polizei relativ rasch ändern». Man überprüfe die Lage laufend.

Aldi: «Keine offizielle Anweisung für Rationen»

Für Verwunderung sorgte am Dienstagmorgen eine Aldi-Filiale in Winterthur, die den Einkauf für bestimmte Waren wie Mehl, Zucker, WC-Papier und Milch auf maximal vier Stück pro Artikel beschränkte. Ein Schreiben am Eingang des Discounters wies auf die neue Regelung hin. Bei Aldi Suisse hiess es auf Anfrage, die Filiale habe eigenmächtig gehandelt. «Es gibt derzeit keine offizielle Anweisung, bestimmte Waren rationiert zu verkaufen», so Sprecher Philippe Vetterli. Das Plakat wurde inzwischen entfernt.

Aldi räumt jedoch ein, dass in seinen Filialen schweizweit eine erhöhte Nachfrage nach Produkten aller Art herrsche. «Seit der Kommunikation des Bundesrates am Freitag ist diese Entwicklung nochmal deutlich markanter geworden», sagt Vetterli. Besonders gefragt seien Milch, Konserven und Hygieneartikel. Zwar sei es zu ersten Lieferschwierigkeiten gekommen, insbesondere von italienischen Lieferanten, die einzelnen Ausfälle könne man bis dato aber mit Alternativartikeln gut abdecken, so Vetterli.

Mehr Sicherheitspersonal

In einzelnen Aldi-Filialen im Tessin und im Kanton Basel-Landschaft ist der Andrang derart gross, dass Aldi dort zusätzliche Sicherheitsleute engagiert hat. Diese sollen auf die Einhaltung des Mindestabstandes zu den Mitmenschen hinweisen und – wenn nötig – den Kundenandrang etwas regulieren, so Vetterli.

Wie beim deutschen Discounter sind auch bei der Migros Einkaufsbeschränkungen zurzeit kein Thema. «Wir werden auch in den nächsten Woche laufend nachliefern und die Regale auffüllen», sagt Sprecher Marcel Schlatter. Auch bei Coop lässt sich weiter ohne Stückzahl-Obergrenzen einkaufen. Man zähle auf das Verständnis und die Vernunft der Kunden, so Coop-Sprecherin Marilena Baiatu.

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