Zweimal Parkticket gelöst und trotzdem gebüsst

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Ärger mit ÜberwachungsfirmaZweimal Parkticket gelöst und trotzdem gebüsst

Weil sich eine Frau erst um ihr Kind kümmern musste, erhielt sie eine Parkbusse. Die ausstellende Überwachungsfirma PPC Immoservice sorgte schon bei etlichen Autofahrern für Unmut.

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Auf dem Schanzmühle-Areal musste sich C. erst ihr Baby kümmern, ehe sie ihr Ticket löste.
Das erste (falsche) Ticket löste sie um 12:20 Uhr, das zweite 12:24 Uhr.
Obschon zwischen Parkieren und Ticketlösen nur wenige Minuten lagen, klemmte unter dem Scheibenwischer ein Bussenzettel, als C. vom Einkauf zurückkam.
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Auf dem Schanzmühle-Areal musste sich C. erst ihr Baby kümmern, ehe sie ihr Ticket löste.

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Vor einigen Wochen fuhr A. C.* mit ihrem damals knapp drei Monate alten Baby zum Lidl nach Solothurn. Zwischen 12.10 und 12.15 Uhr stellte die 38-Jährige nach eigenen Angaben ihren Wagen auf dem Schanzmühle-Areal ab. Das Baby schrie und musste erst einmal beruhigt werden. Zudem brannte die Sonne vom Himmel und im Auto war die Temperatur bereits merklich angestiegen. Für C. war klar: «Ich konnte unmöglich zuerst das Parkticket bezahlen und mein Kind alleine im Auto zurücklassen.»

Sie löste also den Kindersitz, besorgte sich einen Trolley, wo sie den Sitz drauf stellen konnte, und holte anschliessend die Einkaufstaschen aus dem Auto. Um Punkt 12.20 Uhr entnahm sie dem Automaten ihr Parkticket. Weil C. kurz darauf bemerkte, dass sie im Hitze- und Babystress die falsche Parkplatznummer eingegeben hatte, löste sie ein zweites Ticket. Zeitstempel: 12.24 Uhr. Um 12.35 Uhr bezahlte sie ihre Einkäufe an der Kasse.

«Keine Kulanz»

Man ahnt, was kommt: Zurück beim Auto entdeckte die Mutter einen Bussenzettel unter dem Scheibenwischer. Ausgestellt wurde er um 12.17 Uhr – ein paar Minuten, bevor sie das erste (falsche) Ticket löste. C. ärgerte sich masslos: «Ich habe mein erstes Ticket mit wenigen Minuten Verzögerung gelöst und ging für ein zweites extra nochmals zurück – was sicher nicht jeder getan hätte.» Sie sehe deshalb nicht ein, warum sie die Busse bezahlen solle.

Die Private Parking Control (PPC) Immoservice GmbH, die den Parkplatz im Auftrag der Grundeigentümerin, der Pensionskasse Kanton Solothurn, überwacht, sah dies anders. Auf C.s Bitte, die Zahlungsaufforderung – streng genommen handelt es sich nicht um eine Busse, sondern um eine sogenannte Umtriebsentschädigung – zu stornieren, ging sie nicht ein. Jeder Autolenker, heisst es im Antwortschreiben an C., sei selber dafür verantwortlich, «zu kontrollieren, ob auch für den richtigen Parkplatz bezahlt bzw. alle Angaben korrekt eingetippt wurden».

C. ist klar, dass sie rein rechtlich gesehen auf verlorenem Posten steht. Aber: «Dass die Firma wegen ein paar Minuten keine Kulanz zeigt, kann ich nicht verstehen.»

«Verhältnismässigkeit muss gewahrt sein»

Damit ist sie bei Weitem nicht die einzige: Googelt man nach PPC Immoservice, wird man mit negativen Erfahrungsberichten verärgerter Autofahrer geradezu überhäuft. Der häufigste Vorwurf: Die Angestellten der Firma würden nur darauf warten, dass jemand sein Auto abstellt und nicht oder nicht umgehend zahlt, um nach wenigen Minuten eine Busse auszustellen. Diesen Eindruck erhielt auch C.: «Die Kontrolleurin stand mit ihrer blauen Mappe am Strassenrand und hatte mich sogar gesehen.»

Christoph Erb, Präsident TCS Sektion Bern will sich zum konkreten Fall zwar nicht äussern. Er sagt aber: «Zur Gastfreundschaft eines Einkaufszentrums würde gehören, die beauftragte Überwachungsfirma so zu instruieren, dass die Verhältnismässigkeit gewahrt wird und den Kundinnen und Kunden genügend Zeit gelassen wird, in Ruhe ein Parkticket zu lösen.»

«Mann muss nur die Regeln beachten»

20 Minuten konfrontierte die PPC Immoservice mit den Vorwürfen. Geschäftsführer Bruno Wüst ist über die Anfrage hörbar genervt. Er habe weder Zeit noch Lust, sich andauernd für ausgestellte Umtriebsentschädigungen rechtfertigen zu müssen. «Ich kann nicht verstehen, dass solche Leute zur Presse rennen, obschon sie genau wissen, dass sie einen Fehler gemacht haben», sagt Wüst.

Die Vorwürfe in den Rezensionen weist er zurück: «Sie entsprechen nicht der Wahrheit. Man darf nicht alles glauben, was im Internet steht.» Den Autofahrern rät er, das jeweilige Parkplatzreglement zu beachten: «Man muss sich nur an die geltenden Regeln halten. Die gelten für alle gleich.»

Eigentümerin will Fall nochmals prüfen

Die Pensionskasse Kanton Solothurn, die Eigentümerin des Areals, beurteilt unklare Fälle und behandle diese «wo möglich kulant», sagt Tobias Reinmann, Leiter Immobilienbewirtschaftung. «Wird aber die Parkgebühr erst nach Ausstellen der Umtriebsentschädigung bezahlt, liegt bei der Ausstellung keine gültige Parkberechtigung vor.» Dies gelte auch im vorliegenden Fall. Man werde diesen jedoch zusammen mit der PPC nochmals überprüfen, versichert Reimann. Über Häufigkeit und Periodizität der Kontrollen entscheide die Auftragnehmerin selber.

C. hat ihre Umtriebsentschädigung mittlerweile zähneknirschend beglichen: «lch kann es mir nicht leisten, wegen eines Strafverfahrens in finanzielle Schwierigkeiten zu geraten.»

*Name der Redaktion bekannt

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