Online-Casinos sperren jetzt Schweizer Spieler

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GeldspielgesetzOnline-Casinos sperren jetzt Schweizer Spieler

Seit kurzem kann der Bund Online-Anbieter von Glücksspielen und Wetten sperren. Das sei erst der Anfang, warnt ein Anwalt.

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In der Schweiz gibt es seit dem 1. Juli staatliche Netzsperren. Noch sind die Netzsperren theoretischer Natur, denn auf den entsprechenden Listen finden sich noch keine Websites.
Das wird frühestens im dritten Quartal der Fall sein, wie es bei der Eidgenössischen Spielbankenkommission (ESBK) heisst. Es müssten «noch einige Prozesse umgesetzt werden».
Der Anbieter William Hill zum Beispiel hat seine Kunden per Mail darauf hingewiesen, dass ihr Dienst in der Schweiz eingestellt wird.
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In der Schweiz gibt es seit dem 1. Juli staatliche Netzsperren. Noch sind die Netzsperren theoretischer Natur, denn auf den entsprechenden Listen finden sich noch keine Websites.

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In der Schweiz gibt es seit dem 1. Juli staatliche Netzsperren. Grund dafür ist das neue Geldspielgesetz, das vor einem Jahr angenommen wurde. Ausländische Online-Casinos und Anbieter von Sportwetten ohne Konzession der Behörden dürfen ihre Dienste nun nicht mehr in der Schweiz anbieten. Der Zugang zu ihren Seiten soll gesperrt werden.

Noch sind die Netzsperren theoretischer Natur, denn auf den entsprechenden Listen finden sich noch keine Websites. Das wird frühestens im dritten Quartal der Fall sein, wie es bei der Eidgenössischen Spielbankenkommission (ESBK) heisst. Es müssten «noch einige Prozesse umgesetzt werden».

Mit Tricks zum Spiel

Während verschiedene Online-Casinos und Wettanbieter ihre Dienste unbeirrt weiter für Schweizer Kunden anbieten – etwa die in Malta beheimatete OCG International mit Portalen wie «Onlinecasino-EU» – haben andere Schweizer Spieler bereits vorsorglich gesperrt. William Hill zum Beispiel hat seine Kunden per Mail darauf hingewiesen, dass ihr Dienst in der Schweiz eingestellt wird. Verbleibende Guthaben können sich Nutzer ausbezahlen lassen (siehe Bildstrecke). Auch einer der grössten Anbieter für Pokerspiele, Pokerstars, schaltet Schweizer Spieler erst wieder frei, wenn eine Konzession vorliegt.

Andere Anbieter hingegen setzen auf Tricks. D. Y. (29) ist langjähriger Online-Gambler. Zuletzt wette er auf der Seite Premium.com auf Sportanlässe. Zu diesem Portal war er ursprünglich über eine Empfehlung des Glücksspielportals Bwin gekommen.

Nur noch zwei Wettanbieter

Anfang 2019 teilte Premium Y. mit, dass er als Schweizer nicht mehr vom Angebot profitieren könne. Doch die Lösung lag nur einen Klick entfernt: «Es wurde für Sie ein neues Konto bei Premiumbull eingerichtet», beschied ihm die Firma. Das neue Portal sieht genau gleich aus und ist auf die Firma Geokul Limited in Malta registriert. Einschränkungen musste Y. keine erdulden: Auch auf der neuen Seite kann er auf Schweizer und internationalen Sport wetten.

Dabei dürften eigentlich nur noch zwei Unternehmen Sportwetten anbieten: Swisslos und die Loterie Romande. Ihre Erträge müssen sie grösstenteils der AHV oder der Kultur- und Sportförderung abtreten, für Spiele wie Poker, Blackjack oder Roulette haben vier Schweizer Casinos eine Online-Lizenz erhalten. Noch sind die Angebote nicht gestartet.

«Sperren werden ausgebaut»

Anwalt Martin Steiger, der das Gesetz als Mitglied der Digitalen Gesellschaft bekämpft hatte, warnt vor einem Ausweiten der Sperren. So, wie die Netzsperren umgesetzt würden, seien sie zwar noch nicht wirksam und könnten einfach umgangen werden. «Dabei wird es aber nicht bleiben. Man weiss, dass die Sperren nicht wirken, und wird sie ausbauen.» Die Technik dazu gebe es, das sehe man in Ländern wie China oder den Vereinigten Arabischen Emiraten.

Steiger sagt: «Es ist das erste Mal, dass es in der Schweiz eine staatliche Zensur-Infrastruktur gibt – und zwar für Zwecke, die nicht zuletzt mit Heimatschutz zu tun haben.» Das könne Gelüste wecken. «Das wird nur der Anfang sein. So könnte die Tourismus-Industrie etwa fordern, dass man Airbnb oder Booking.com sperrt, um eine eigene Buchungsplattform zu forcieren. Das ist das Gefährliche an den Sperrlisten.»

Wirken Sperren?

Ob die Sperren überhaupt wirken, ist umstritten. Livia Staub, Programmleitung des Präventionsangebots Spielen ohne Sucht sagt, entscheidend sei, wie gut die Spieler die zugänglichen Schweizer Angebote wahrnehmen würden. «Es ist wie beim Einkauf: Wenn ein Laden in der Region ein gutes Angebot hat, fahren die Leute auch weniger weit zum Einkaufen.»

Sie gehe davon aus, dass die vier Schweizer Casinos, die eine Bewilligung für Online-Spiele erhalten haben, sehr aktiv Werbung schalten und auf sich aufmerksam machten, sobald ihre Angebote einsatzbereit seien.

«Die grosse Frage wird sein, wie die Spielerschutzbestimmungen umgesetzt werden», sagt Staub. Es sei bereits heute möglich, problematische Spielmuster frühzeitig zu erkennen. Man könne und solle proaktiv auf Leute zugehen, die solche problematischen Muster zeigten.

Straffreies Online-Gamblen

Eine andere Möglichkeit seien Limiten, ständiger Überblick über die eigenen Verluste und Gewinne, Jugendschutz, Restriktionen für Werbung und Zeitlimiten. «Anbieter haben natürlich einen Interessenkonflikt», sagt Staub. «Es steht und fällt aus Präventionssicht darum mit der Umsetzung der Auflagen, die der Bund macht.»

Bei der ESBK heisst es, Spielbanken müssten ein Sozialkonzept erstellen und Massnahmen zur Information, Früherkennung und Selbstkontrolle definieren. Auch Beschränkungen, die Spielmoderation und Spielsperren müssen Anbieter regeln.

Spieler, die weiterhin auf zugänglichen Online-Seiten spielen, müssen sich laut Anwalt Martin Steiger keine Sorgen um juristische Konsequenzen machen. «Das ist straffrei möglich», sagt Steiger.

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