Reportage aus Mühleberg«Es ist schade, dass das AKW abgeschaltet wird»
Am Freitag wird Mühleberg für immer abgeschaltet. Im AKW-Dorf freuen sich aber nicht alle darüber. Eine Reportage.
20-Minuten-Reporter Joel Probst hat Mühleberg einen Besuch abgestattet.
Nach fast 50 Jahren ist Schluss: Am Mittag um 12.30 Uhr drücken die Mitarbeiter die Ausschaltknöpfe. Zahlreiche Einwohner von Mühleberg bedauern das Aus des AKW, wie eine Umfrage in der Berner Gemeinde zeigt.
«Ich finde es schade. Wenn ich sagte, ich komme aus Mühleberg, antworteten alle: Dort steht doch das Atomkraftwerk!», sagt etwa ein Landwirt aus der Region. Für Silvia Bieri kommt die Abschaltung zu früh: «Ich bin mir nicht sicher, ob wir schon genug gute Alternativen zur Atomkraft haben.» Auch Bäckerin Irene Guggisberg sagt: «Das AKW ist ein guter Arbeitgeber. Auch andere Geschäft erhalten Aufträge vom AKW. Darum ist es schade.» Begrüssenswert sei hingegen, dass nun keine Atomabfälle mehr anfielen.
«Mühleberg hat von den Steuern profitiert»
Andere der 3000 Einwohner werden das Wahrzeichen derweil nicht vermissen: «Mühleberg hat von den Steuern profitiert, aber ich trauere dem AKW nicht nach», sagt ein Einwohner vor dem Volg.
Und Landwirt Hansueli Rohrer ist vor allem wichtig, dass die Versorgungssicherheit gewährleistet ist. «Ich habe Maschinen, die Strom brauchen. Dieser muss von irgendwoher kommen. Wenn er aus Wind oder Sonne kommt, bin ich mit der Schliessung einverstanden.»
«BKW schaltet das AKW aus wirtschaftlichen Gründen aus»
Laut Gemeindepräsident René Maire ist der Freitag ein historischer Tag. «Ehemalige und aktuelle Mitarbeiter sind traurig. Insgesamt ist die Stimmung gelassen. Die Mühleberger wissen, dass eine Ära zu Ende geht.» Man habe sich aber jahrelang darauf vorbereiten können. Die BKW stelle den Reaktor aus wirtschaftlichen Gründen ab: «Die Ingenieure haben mir gesagt, dass das Kraftwerk noch nie so sicher war wie heute.»
Laut Maire arbeiten etwa 60 der 3000 Einwohner im AKW. Er rechnet damit, dass die Gemeinde wegen des Verlusts der Liegenschaftssteuer den Steuerfuss in den nächsten Jahren leicht erhöhen muss. Er sei gespannt, was die BKW nach dem Rückbau auf dem Gelände plane. Die Mühleberger haben bereits Ideen. Hundehalterin Guggisberg: «Aus dem neu gewonnenen Platz könnte man einen Trainingsplatz für Hunde machen.»