«Männer arrangieren sich mit häuslicher Gewalt»

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Steigende Opferzahlen«Männer arrangieren sich mit häuslicher Gewalt»

Jedes vierte bis fünfte Opfer häuslicher Gewalt ist ein Mann, hinzu kommt eine hohe Dunkelziffer. Doch männliche Opfer stossen beim Hilfesuchen oft auf Hindernisse.

von
jk
Laut einem Bericht der «Aargauer Zeitung» (AZ) ist jedes vierte bis fünfte Opfer häuslicher Gewalt männlich. Gemäss dem Bundesamt für Statistik (BfS) wurden 2017 insgesamt 7059 Männer und 2263 Frauen der häuslichen Gewalt beschuldigt.
Mit diesem Plakat macht die Berner Fachstelle Häusliche Gewalt auf männliche Opfer aufmerksam.
Die AZ lässt beispielsweise den 57-jährigen Philippe zu Wort kommen. Er habe lange gezögert, bis er nach einer weiteren Attacke seiner Partnerin die Polizei angerufen habe. (Symbolbild)
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Laut einem Bericht der «Aargauer Zeitung» (AZ) ist jedes vierte bis fünfte Opfer häuslicher Gewalt männlich. Gemäss dem Bundesamt für Statistik (BfS) wurden 2017 insgesamt 7059 Männer und 2263 Frauen der häuslichen Gewalt beschuldigt.

Beest

Die Berner Fachstelle Häusliche Gewalt macht zurzeit mit überraschenden Plakaten in Trams und Bussen auf sich aufmerksam. Sie zeigen eine männliche Symbolfigur, die von blauen Flecken übersät ist. Darunter steht: «Fachstelle Häusliche Gewalt. Ein Angebot auch für Männer». Tatsächlich ist Gewalt in den eigenen vier Wänden längst nicht nur ein Frauenproblem.

Laut einem Bericht der «Aargauer Zeitung» (AZ) ist jedes vierte bis fünfte Opfer häuslicher Gewalt mittlerweile männlich. Gemäss dem Bundesamt für Statistik (BfS) wurden 2017 insgesamt 7059 Männer und 2263 Frauen der häuslichen Gewalt beschuldigt. Zudem ist von einer beachtlichen Dunkelziffer auszugehen, die bei den Männern laut Experten noch deutlich höher ist als bei Frauen.

Häusliche Gewalt gegen Männer als Tabu

Die Plakate fallen deshalb auf, weil sie ein Tabu brechen. In der Zeitung wird der Berner Gemeinderat Reto Nause zitiert, der bei der Vorstellung der Plakat-Kampagne sagte, über dieses Thema spreche man nicht: «Man erträgt es oder man arrangiert sich damit, aber sich jemandem anvertrauen, das machen die wenigsten Männer.»

Die AZ berichtet beispielsweise über den 57-jährigen Philippe. Er habe lange gezögert, bis er nach einer weiteren Attacke seiner Partnerin schliesslich die Polizei angerufen habe. Es sei schwierig, so festsitzende Klischees zu überwinden wie jenes, dass der Mann der typische Gewaltverursacher sei.

«Als Mann weniger glaubwürdig»

Ein 43-jähriger Familienvater erzählt der AZ von psychischer und emotionaler Gewalt. Seine Frau habe ihm seine Zwillinge vom einen Tag auf den andern einfach weggenommen – nachdem er sich zwei Jahre lang täglich um die Kleinen gekümmert habe. Sie habe überall erzählt, er schlage sie und die Kinder.

Obwohl niemand je Anhaltspunkte für ein Verschulden seinerseits gefunden habe, sei der Gerichtsentscheid zugunsten seiner Frau ausgefallen. Auf Anraten seines Anwalts hin habe er diesen Entscheid nicht angefochten «Als Mann ist man in dieser Sache schlicht weniger glaubwürdig», habe ihm dieser gesagt.

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