Erhitzen statt verbrennen«Sie machen gleich abhängig wie Zigaretten»
Tabakfirmen werben mit der Sauberkeit ihrer Lifestyle-Zigaretten. Gesundheitsorganisationen fordern nun aber Warnbilder auf dem Päckli.
An einem Firmenfest raucht N.T.* fast ununterbrochen. Seit einiger Zeit zieht er aber nicht mehr an herkömmlichen Zigaretten, sondern ist auf Heat-Not-Burn-Zigaretten umgestiegen (siehe Box). Dabei wird Tabak nicht verbrannt, sondern erhitzt und dann inhaliert. T. fällt an diesem Abend auf: Auf der Packung ist weder ein Schockbild zu sehen noch sind die schädlichen Inhaltsstoffe aufgelistet.
Das ist zulässig, weil die Produkte gemäss Gesetz nicht als «zum Rauchen bestimmt» gelten. Nur ein Hinweis muss aufgedruckt sein: «Dieses Tabakerzeugnis kann Ihre Gesundheit schädigen und macht abhängig.»
Lungenliga fordert gleich lange Spiesse
Die Lungenliga will jetzt, dass herkömmliche und Lifestyle-Zigaretten gleichgestellt werden: «Im künftigen Tabakproduktegesetz sollten sie genau dieselben Vorschriften bezüglich Warnhinweisen und Deklaration der Inhaltsstoffe erfüllen», sagt Sprecherin Claudia Künzli.
Auch Verena El Fehri, Geschäftsführerin der Arbeitsgemeinschaft Tabakprävention Schweiz, findet, auf alternativen Tabakprodukten wie E-Zigaretten und Heat-Not-Burn-Erzeugnissen müssten bebilderte Warnhinweise stehen: «Diese müssten aber natürlich an das Produkt angepasst sein.» Angaben zu den Schadstoffwerten brauche es dagegen nicht unbedingt, sagt sie: «Die Erfahrung zeigt, dass das nur wenig abschreckend wirkt.»
Die Gefahr sei sehr gross, dass die Lifestyle-Zigaretten als Einstieg zum normalen Tabakkonsum dienten, so El Fehri. Sie fordert strenge Regulierungen für alle Tabak-Produkte: «Das wegen ihrem gemeinsamen Charakter der Gesundheitsschädigung und Abhängigkeit.»
Kevin Suter, Sprecher von Japan Tobacco International, sagt dagegen: «Wir sind der gleichen Meinung wie das Parlament: Herkömmliche und Heat-Not-Burn-Zigaretten sollten nicht in den gleichen Topf geworfen und auch unterschiedlich reguliert werden.»
Keine Langzeitstudien
Die Tabakindustrie streicht in ihrer Werbung die Rauchfreiheit und die reduzierten Giftstoffe hervor: British American Tobacco schreibt bei der Lancierung seiner Glo-Zigarette von «90 Prozent weniger toxischen Stoffen», JTI verkündet: «Die Technologie hat das Potenzial, die Gesundheitsrisiken beim Rauchen zu verringern.»
Laut dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) muss man davon ausgehen, dass diese Produkte etwa gleich abhängig machen wie klassische Zigaretten. Belegt sei aber, dass man weniger Schadstoffe einatme. Dadurch seien die Produkte deutlich weniger schädlich als herkömmliche Zigaretten.
Laut Claudia Künzli von der Lungenliga fehlen allerdings Langzeitstudien: «Und auch wenn sie weniger schädlich sind, so sind sie nicht harmlos, konnten doch in den bisher untersuchten Produkten schon krebserregende und weitere Schadstoffe nachgewiesen werden.» Wolfgang Kweitel von der AG Tabakprävention fasst zusammen: «Das saubere Image stimmt nicht: Aus giftig wurde nicht harmlos, es wurde einfach ein bisschen weniger giftig.»
«Potenzial, weniger schädlich zu sein»
Auch Kevin Suter sagt: «Es fehlen Langzeitstudien zur Schädlichkeit.» Man habe aber den nikotinhaltigen Dampf getestet, der inhaliert werde: «Dabei wurde er auf neun von der WHO definierte toxische Substanzen untersucht. Von diesen waren 99 Prozent weniger enthalten als in einer normalen Zigarette.»
Man könne zwar nicht sagen, dass das Produkt weniger schädlich sei, so Suter: «Es hat aber das Potenzial, weniger gesundheitsschädigend zu sein.» Er betont aber: «Es ist nicht gesund.» Zum Abhängigkeitspotenzial könne man keine seriösen Angaben machen, weil das von vielen verschiedenen Faktoren abhänge.
*Name der Redaktion bekannt
Was ist Heat-Not-Burn? Es gibt laut Kevin Suter von JTI zwei verschiedene Methoden des Heat-Not-Burn: Bei der ersten wird Tabak direkt auf eine Temperatur zwischen 240 und 350 Grad erhitzt, je nach Produkt. Der Raucher inhaliert dann den Tabak-Dampf – Rauch soll gemäss den Herstellern keiner entstehen. Das ist aber umstritten: Laut Wolfgang Kweitel von der AG Tabakprävention kam schon die erste unabhängige Studie zum Schluss, dass eines der Produkte Rauch produziert.
Was ist Heat-Not-Burn? Es gibt laut Kevin Suter von JTI zwei verschiedene Methoden des Heat-Not-Burn: Bei der ersten wird Tabak direkt auf eine Temperatur zwischen 240 und 350 Grad erhitzt, je nach Produkt. Der Raucher inhaliert dann den Tabak-Dampf – Rauch soll gemäss den Herstellern keiner entstehen. Das ist aber umstritten: Laut Wolfgang Kweitel von der AG Tabakprävention kam schon die erste unabhängige Studie zum Schluss, dass eines der Produkte Rauch produziert.
Bei der zweiten Technik wird der Tabak indirekt erhitzt: Dampf wird mit einer Temperatur von rund 30 Grad vom Raucher durch eine Kapsel mit Tabakgranulat in die Lunge gezogen.
Die Kosten belaufen sich auf rund 80 Franken für das Erhitzungsgerät bei den Herstellern Philip Morris und British American Tobacco. Bei Japan Tobacco International kostet das Starterkit 25 Franken. Die Nachfüllpackungen kosten jeweils zwischen 7.50 und 8 Franken.