Hustensaft und MuskelnRapper bringen Junge auf gefährliche Ideen
Schweizer Teenager werden durch Hustensaft high und pumpen ihre Muskeln auf. Ihre Vorbilder heissen Macklemore, Lil Wayne und Kollegah. Verderben die Rapper die Jugend?
Sie sind jung, erfolgreich – und high. US-Stars wie Macklemore und Lil Wayne haben über Jahre hinweg Hustensaft mit Sprite in ihren Liedern verherrlicht. Lil Wayne wurde nach einer Überdosis 2013 sogar zweimal ins Spital eingeliefert. Bei Macklemore mussten mehrere Freunde an den Drogen sterben, bevor er clean wurde – und danach wieder rückfällig. Auch Justin Bieber soll schon mit einem Styroporbecher des gefährlichen Gemischs, das wegen des Codeingehalts high macht, gesichtet worden sein.
Sie sind die Vorbilder der Jungen. Ein schlechtes Vorbild: In den USA berauschten sich eine Zeit lang so viele Jugendliche mit dem sogenannten «Purple Drank» oder «Lean», dass die Anti-Drogenbehörde Alarm schlug. In der Schweiz mussten die Apotheker vor Kurzem gewisse Präparate sogar aus den Regalen verbannen, weil immer mehr ganz Junge den billigen Rausch entdeckten. In Macklemores Song «Otherside» heisst es passend: «Wir haben ein Problem mit der Hustensirup-Epidemie.»
«Wir entdeckten es durch Lil Wayne»
«Der Konsum des Hustensaft-Gemischs wird von gewissen Rappern richtig glorifiziert», sagt Medienexperte Jo Groebel. Am offensten tat dies der Big Moe aus Houston: Seine Alben heissen «City of Sirup» und «Purple World», sein grösster Hit «Purple Stuff». Das Video dazu sieht aus, als ob der Kameramann selbst zu viel Hustensaft geschluckt hätte. Als sein grosser Förderer DJ Screw im Jahr 2000 starb, fand man eine tödliche Dosis Codein in seinem Blut.
Der Berner Valentin B. (Name bekannt) kennt die Musiker alle. Er ist selbst Rapper und bezeichnet sich und seine Cousins als «Schweizer Entdecker» von Purple Stuff. «Wir hörten 2007 mit 17 in einem Lied von Lil Wayne davon. Dann recherchierten wir und begannen, es selbst zu nehmen.» Bis vor Kurzem konsumierte er den gefährlichen Mix aus der Apotheke regelmässig. Sind die Rapper also ein schlechtes Vorbild? Er zögert. Dann sagt er: «Auf eine Art schon. Ohne sie würde man das hier nicht kennen.»
«Bitte nachmachen zuhause»
Beim Körperkult ist es nicht anders: Auch hier kommen die grössten Vorbilder aus dem Musikbusiness. Zuerst waren es US-Hip-Hopper wie 50 Cent oder Timbaland. Dass sie ihre Sixpacks und breiten Oberarme nur durch Anabolika erreichten, störte die Fans offenbar nicht.
Heute eifern Schweizer Jugendliche auch deutschen Musikern nach. «Wie bekommt man so einen Körper wie die Rapper Farid Bang, Kollegah, Majoe?», fragt ein 16-Jähriger im Netz. In der Schweiz lassen erste Fitnesscenter Minderjährige gar nicht mehr rein, weil sie ihre Körper nur möglichst schnell aufblasen wollen – und sich damit vor allem schaden. Kollegah sieht das anders. In einem Video, das ihn beim Pumpen zeigt, fordert er die Fans auf: «Bitte nachmachen zuhause.»
«Rap allein ist nicht schädlich»
Wenn Hip-Hopper über Drogen und Muckis rappen, übernehmen junge Schweizer das zwar nicht direkt, sagt Medienexperte Groebel. Es gehe über die Gruppe. «Soziale Ansteckung» nennt er das: «Wenn Meinungsführer so etwas nachmachen, wird es cool. So kann sich ein Trend dann in der ganzen Gruppe verbreiten.»
Er betont aber, dass Rap allein die Jugend nicht verderbe. «Die Jugendkultur, die Hip-Hop darstellt, ist an sich nicht schädlich.» Junge könnten für Botschaften von ihren Idolen zwar schon empfänglich sein. «Wenn sie zu Hause ein festes Wertesystem mitbekommen haben, aufgeklärt wurden und so Selbstvertrauen entwickeln konnten, glauben sie den Rappern aber auch nicht jeden Quatsch.»
Lil Wayne feta Short Dawg, Me & My Drank:
Quelle: youtube/kindhearted524
Macklemore, Otherside
Quelle: Youtube/remixthevideo
Kollegah zeigt, wie er Gewichte stemmt:
Quelle: Youtube/mrkreapro