Auf leisen Sohlen zum zweiten Bundesratssitz

Aktualisiert

SVP-StrategieAuf leisen Sohlen zum zweiten Bundesratssitz

Nach dem Scheitern der Volkswahl-Initiative will die SVP erst recht eine Doppelvertretung im Bundesrat - und passt dafür ihr Auftreten an. Kronfavorit ist der Bündner Heinz Brand.

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Nach dem deutlichen Nein zur Volkswahl-Initiative muss die SVP die Hoffnungen begraben, auf diesem Weg den zweiten Bundesratssitz zurückzugewinnen, den sie 2007 mit der Abwahl von Christoph Blocher verlor. Spätestens jetzt wird der Parteispitze bewusst: Der langersehnte zweite Bundesratssitz kann nur erreicht werden, wenn man konziliante Parteivertreter aufstellt.

Die grösste Partei des Landes, früher gefürchtet für ihre Attacken auf den Mann, hält sich seit längerem auffällig zurück. Politikberater Mark Balsiger erkennt eine klare Veränderung im Auftreten: «Die SVP ist heute rhetorisch viel moderater unterwegs.» Die unerwartete Niederlage bei den National- und Ständeratswahlen von 2011 habe sie kräftig durchgeschüttelt.

Weniger Attacken auf Widmer-Schlumpf

Parteipräsident Toni Brunner streitet nicht ab, dass die SVP sich gemässigt hat. Inhaltlich habe sie zwar keine Kurskorrektur gemacht, sondern vertrete weiterhin «fadengerade unsere Haltung». Aber: «Aufgrund des Linksrutsches bei den Wahlen 2011 ist es für uns schwieriger geworden, Mehrheiten zu schaffen. Deswegen suchen wir vermehrt den Schulterschluss mit den anderen bürgerlichen Parteien.»

Vom neuen Stil profitiert zum Beispiel BDP-Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf. Lange Zeit war sie, das ehemalige Parteimitglied, die politische Zielscheibe der SVP. Mittlerweile sagt Toni Brunner: «Eveline Widmer-Schlumpf ist auszusitzen.» Lieber konzentriert man sich bei der Volkspartei aufs Jahr 2015, wenn neben den Parlaments- auch die Bundesrats-Gesamterneuerungswahlen stattfinden. In der Parteispitze heisst es, man sei derzeit daran, die «geeigneten Leute aufzubauen».

Heinz Brand: Glücksfall für die SVP

Dabei fällt besonders ein Name immer wieder: Heinz Brand. Der Bündner sitzt zwar erst seit 2011 im Nationalrat, hat sich mit seiner sachlichen Art aber weit über die Parteigrenzen hinaus Respekt verschafft. Für die SVP ist er ein Glücksfall: Als ehemaliger Bündner Migrationschef bringt er wie kein Zweiter in einem der absoluten Kernthemen der SVP Kompetenz mit.

Wie es sich für einen Papabile gehört, wiegelt Brand gegenüber der «Südostschweiz» ab: «Ich habe ein Bundesratsmandat nicht als Lebensziel gewählt. Aber ich sage heute, was ich schon früher gesagt habe: Sag niemals nie.» Auf Nachfrage sagt der Asylexperte, er sei ein «pragmatischer Mensch» und könne «gut zwischen den Polen vermitteln». Also genau, was seine Partei neuerdings sucht.

Risiko für Parlamentswahlen

Politikberater Balsiger sieht in Brand denn auch den idealen Bundesratskandidaten. Der neue Stil der SVP berge allerdings auch Gefahren: Wenn man nun leisere Töne anschlage, sei man zwar bundesratsfähiger, leide dafür aber womöglich bei Parlamentswahlen – denn dort habe der SVP die Wahrnehmung als kompromisslose und rhetorisch aggressive Partei Erfolg gebracht.

Ob es der SVP tatsächlich schon 2015 gelingt, den zweiten Sitz zurückzuerobern, dürfte aber hauptsächlich davon abhängen, ob es eine Vakanz geben wird – wobei die Pläne von Finanzministerin Widmer-Schlumpf entscheidend sind. Lässt sie sich nochmals aufstellen, wird es für die SVP vorerst schwierig. Heinz Brand würde es mit Humor nehmen: «Es gibt auch noch andere Arten, im Alter glücklich zu werden.»

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