Lebend gehäutet – für unseren Luxus

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Entscheid zu ImportverbotLebend gehäutet – für unseren Luxus

Handtaschen oder Gürtel aus Reptilleder boomen. Dass die Tiere grausame Qualen erleiden, ist Konsumenten kaum bewusst. Der Politik schon, doch sie tut sich schwer mit einem Importverbot.

J. Pfister
von
J. Pfister
Herstellung von Schlangenhäuten in Indonesien. Hier werden die Pythons mit Wasser aufgefüllt - lebendig.
Um danach gehäutet zu werden - auch hier sind die Tiere noch am Leben.
Auch die Haut der Warane ist begehrt. Die Tiere werden zusammengekettet und danach mit Schlägen auf den Kopf getötet.
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Herstellung von Schlangenhäuten in Indonesien. Hier werden die Pythons mit Wasser aufgefüllt - lebendig.

Screenshot SF

Egal, ob in Modemagazinen oder auf dem Laufsteg: Schlangenleder ist zurzeit besonders hip. «Ohne Pythonleder geht nichts, das Schlangenmuster wertet jeden noch so schlichten Look auf», heisst es beispielsweise in der Zeitschrift «InStyle». Doch nicht nur internationale Stars schmücken sich mit den tierischen Accessoires, auch bei modebewussten Schweizerinnen und Schweizern ist die Nachfrage nach Uhrenarmbändern, Handtaschen oder Schuhen aus Reptilienleder regelrecht explodiert.

Gemäss den neusten Zahlen des Bundesamts für Veterinärwesen (BVET) wurden im letzten Jahr mit rund 51'000 doppelt so viele Schuhe aus Schlangenleder importiert wie noch im Jahr zuvor. Ein ähnliches Bild zeigt sich bei den Handtaschen. Dort stiegen die Importe von rund 25'000 im Jahr 2010 auf 37'000 Stück im letzten Jahr – vor zehn Jahren waren es gerade mal rund 2800. Laut Mathias Lörtscher vom BVET stammt das Schlangenleder vor allem von Pythons aus Indonesien, Malaysia und Vietnam.

«Die Schweiz gehört inzwischen zu den bedeutendsten Abnehmern von exotischen Ledern aus Südostasien«, sagt Sara Wehrli vom Schweizer Tierschutz (STS). Doch was viele Konsumenten nicht wissen oder verdrängen: Hinter den Luxusprodukten steckt oftmals ein grausames Leid. «Die gefangenen Tiere müssen in diesen Ländern schreckliche Qualen ertragen», so Wehrli.

Mit Schlägen auf den Kopf getötet

Die «Rundschau» belegte diese Aussage vor zwei Jahren mit schockierenden Bildern aus Indonesien(siehe Video). Schlangen, die bei lebendigem Leib mit Wasser aufgefüllt und anschliessend gehäutet werden. Wilde Warane, die mit zusammengeschnürten Beinen in Säcken transportiert und tagelang so ausharren müssen und schliesslich mit Schlägen auf den Kopf getötet werden.

Laut Wehrli hat sich die Situation seither kaum verbessert. «Die Schweiz sitzt zwar in den entsprechenden Arbeitsgruppen, die sich mit dem internationalen Handel mit asiatischen Schlangen befassen, doch das wird weder am Trend noch an der Problematik etwas ändern.» Auch die Handelsbestimmungen zum Artenschutz würden nichts helfen – dafür ein Importverbot von Reptilienhäuten aus tierquälerischer Haltung. «Ein solches hätte Signalwirkung, auch auf die anderen Länder», ist Wehrli überzeugt.

Petition mit 34'000 Unterschriften

Doch die Politik tut sich schwer. Am Dienstag behandelt der Ständerat zwar einen entsprechenden Vorstoss der Grünen Nationalrätin Franziska Teuscher, doch die Chancen für ein Ja sind gering. Und dies, obwohl der Nationalrat einem Importstopp für Reptilienhäute aus Indonesien im Mai zugestimmt und die Tierschutzorganisation Vier Pfoten eine Petition mit über 34'000 Unterschriften eingereicht hat.

«Das Anliegen ist berechtigt, doch ein Importverbot für solche Reptilienhäute ist der falsche Weg», sagt FDP-Ständerat Joachim Eder, der selbst lieber Uhrenarmbänder aus Metall trägt. Genauso wie der Bundesrat glaube er nicht daran, dass damit die Tötungsmethoden verbessert würden. «Es ist besser, wenn sich der Bund in den entsprechenden Gremien Gehör verschafft und so auf die Herstellung Einfluss nimmt», so Eder. Er vertraue den Aussagen des Bundesrats, das dies auch geschehe.

«Es gibt gute Imitate»

Dieser Überzeugung sind selbst linke Ständeräte wie SP-Frau Géraldine Savary, die in der vorberatenden Kommission wie die grosse Mehrheit Nein gestimmt hat. «In Sachen Tierschutz ist die Sensibilität bei unseren welschen Kollegen leider nicht so gross», erklärt Savarys Parteikollegin Anita Fetz. Sie hingegen habe Verständnis für das Anliegen und hat einen entsprechenden Antrag für die Zustimmung zum Vorstoss eingereicht. «Heute gibt es derart gute Imitationen von Reptilleder, dass wir problemlos auf Produkte aus solcher tierquälerischer Haltung verzichten können.»

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(jep)

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