Sommaruga warnt vor Durchsetzungsinitiative

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AbstimmungSommaruga warnt vor Durchsetzungsinitiative

Die Durchsetzungsinitiative der SVP sei überflüssig, sagt Bundespräsidentin Sommaruga. Sie widerspreche zudem demokratischen Grundsätzen.

Hartes Ringen um die Ausschaffung krimineller Ausländer: Ein Mann geht in Genf an einem Abstimmungsplakat zur Ausschaffungsinitiative vorüber. (28. November 2010)
Das Parlament habe zu viele Ausnahmen von der strikten Ausschaffung krimineller Ausländer vorgesehen: SVP-Aktivistinnen und Aktivisten während der Einreichung der Durchsetzungsinitiative in Bern. (28. Dezember 2012)
Die SVP will das Rückschiebeverbot auf Fälle beschränken, in denen Tod oder Folter drohen. Das genügt den Gegnern aber nicht: Das Flughafengefängnis beim Flughafen Zürich. (23. Oktober 2004).
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Hartes Ringen um die Ausschaffung krimineller Ausländer: Ein Mann geht in Genf an einem Abstimmungsplakat zur Ausschaffungsinitiative vorüber. (28. November 2010)

Ex-Press/Salvatore Di Nolfi

Nach Ansicht des Bundesrats bricht die Durchsetzungsinitiative der SVP die Grundregeln der Demokratie. Sie umgehe das Parlament und schränke die Gerichte ein, sagte Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga am Dienstag vor den Bundeshausmedien.

Es sei Aufgabe des Gesetzgebers, angenommene Initiativen umzusetzen. Diesen Auftrag habe das Parlament inzwischen erfüllt, sagte Sommaruga. Schon zwei Jahre nach Annahme ihrer Ausschaffungsinitiative hatte die SVP jedoch die Durchsetzungsinitiative eingereicht, weil es ihrer Meinung nach mit der Umsetzung nicht rasch genug voranging.

Über diese wird nun am 28. Februar 2016 abgestimmt. Bei einer Annahme wäre das Volksbegehren direkt anwendbar, brauchte also nicht mehr in ein Gesetz gefasst zu werden. Mit dem Ausschaffungs-Automatismus entfällt auch die zentrale Aufgabe der Gerichte, ein dem Einzelfall angemessenes Urteil zu fällen.

Unsicherheit belastet Wirtschaft

Damit setze sich die Durchsetzungsinitiative über bewährte Abläufe der Demokratie hinweg und stelle den Rechtsstaat in Frage, sagte Sommaruga. Das Volk werde so zum Gesetzgeber und auch gleich zum Gericht, was einen Bruch der Gewaltenteilung darstelle.

Die Bundespräsidentin warnte auch vor zusätzlichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Sie erinnerte daran, dass die Durchsetzungsinitiative im Konflikt steht mit dem Freizügigkeitsabkommen mit der EU. Das werde das ohnehin angespannte Verhältnis mit Brüssel weiter erschweren.

Das ist allerdings auch bei der vom Parlament verabschiedeten Umsetzung der Ausschaffungsinitiative nicht ganz ausgeschlossen. Vorgesehen sind automatische Ausschaffungen bei schweren Delikten, wobei die Gerichte dank einer Härtefallklausel die besondere Situation jener Ausländerinnen und Ausländer berücksichtigen können, die in der Schweiz geboren sind.

Schätzungen sind sehr unsicher

Die Initianten der Durchsetzungsinitiative wollen auch mit diesen rigoros verfahren. Im Wiederholungsfall würden schon Bagatelldelikte für eine Ausschaffung ausreichen. Gemäss Berechnungen des Bundesamts für Statistik würden mit der Umsetzungsvarianten des Parlaments jährlich knapp 4000 Personen des Landes verwiesen, bei Annahme der Durchsetzungsinitiative wären es über 10'000.

Diese Zahlen seien jedoch mit grossen Unsicherheiten behaftet, sagte Martin Dumermuth, Direktor des Bundesamts für Justiz. «Was die Gerichte entscheiden, kann heute nicht prognostiziert werden», sagte er. Das Bundesgericht hatte schon 2012 angekündigt, sich unter Umständen über einen Automatismus hinwegzusetzen. (sda)

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