EU-Rahmenabkommen«Burkhalter will beweisen, dass er etwas bewegt»
Die EU bewegt sich in den Verhandlungen um ein Rahmenabkommen. Schweizer Politiker spielen auf Zeit: Der Brexit spiele der Schweiz in die Karten.
Aussenminister Didier Burkhalter drängt offenbar auf den Abschluss des institutionellen Rahmenabkommens mit der EU. Mit diesem würde die Schweiz Abkommen «dynamisch» (Bund) oder automatisch (SVP) an geltendes EU-Recht anpassen.
Laut der «SonntagsZeitung» sieht Burkhalter eine Lösung in Griffweite, da sich die EU jüngst bewegt habe: Unter anderem soll der Europäische Gerichtshofs (EuGH) nicht über alle Streitigkeiten zwischen der Schweiz und der EU abschliessend urteilen, sondern nur über jene, die EU-Recht betreffen.
«Brexit-Vertragswerk abwarten»
Im Bundesrat lief Burkhalter gemäss dem Bericht auf: Die Regierung will erst eine Auslegeordnung vornehmen und dann einen Grundsatzentscheid fällen. Auch bürgerliche Politiker treten auf die Bremse. Für FDP-Nationalrat Hans-Peter Portmann etwa darf die Schweiz keine neuen Verträge mit Brüssel abschliessen, bevor der Brexit-Vertrag nicht ausgehandelt ist.
«Die EU drängt nun auf eine rasche Einigung mit der Schweiz, um gegenüber Grossbritannien Fakten zu schaffen.» Aus Gesprächen mit EU-Politikern schliesse er, dass sich die Befürchtung ausbreitet, London könnte doch die besseren Karten beim Brexit-Verhandlungspoker haben.
«Die Zeit spielt für die Schweiz. Ich gehe davon aus, dass bei den blockierten Dossiers bald Verhandlungen zwischen der Schweiz und der EU aufgenommen werden.» Burkhalter wolle wohl beweisen, dass er im Verhältnis mit der EU etwa bewegen kann. Aber: «Die Lösung, wie sie sich abzeichnet, geht zu weit. Seit Beginn der Verhandlungen hat sich die Welt in der EU gewandelt.»
«Burkhalter manövriert sich ins Abseits»
Auch Roland Büchel, SVP-Nationalrat und Präsident der Aussenpolitischen Kommission sieht die Schweiz am längeren Hebel: «Burkhalter manövriert sich ins Abseits. Es gibt keinen Druck, uns die Zwangsjacke der EU anzuziehen, auch wenn die EU auf ein Abkommen vor Beginn der Brexit-Verhandlungen drängt.»
Büchel kritisiert, dass Burkhalter die Aussenpolitische Kommission nicht über den Stand der Verhandlungen ins Bild gesetzt habe. Derzeit sei unklar, wie viele Zugeständnisse Burkhalter und sein Chefunterhändler Jacques de Watteville gegenüber der EU bereits gemacht habe. Es liege nun an den Kollegen im Bundesrat, Burkhalter zurückzubinden.
Welche Gegenmassnahmen drohen?
SP-Nationalrat Carlo Sommaruga ist erfreut, dass die Zeichen mit der EU auf Tauwetter stehen: «Die EU hat noch andere Baustellen und ist an einer Lösung interessiert.» Brüssel habe wohl festgestellt, dass ihre erste Vorstellung mit harten Sanktionen und dem Europäischen Gerichtshof als letzter Instanz bei Streitigkeiten im Schweizer Parlament und auch im Volk auf Gegenwehr stiess. Auch er will keine Hauruckübung: «Wir haben Zeit.»
Den Brexit-Vertrag müsse man nicht abwarten, da diese Verhandlungen sehr lange dauern würden. Man werde sehen, wie die Lösung im Detail aussehe. «Eine dynamische Übernahme von EU-Recht wie im Schengen-Vertrag ist aus meiner Sicht in Ordnung – vorausgesetzt, der Preis der Gegenmassnahmen ist nicht zu hoch.»
Das Aussendepartement EDA teilt mit, der Bundesrat arbeite «an den EU-Dossiers weiter und wird informieren, wenn er über einen konsolidierten Überblick verfügt». Im Übrigen pflege das EDA weder die Verhandlungen mit der EU noch die Diskussionen im Bundesrat aufgrund von Gerüchten in den Medien zu kommentieren.