«Kiffen unter 18 ist eben nicht so harmlos»

Aktualisiert

St. Galler Bussenmodell«Kiffen unter 18 ist eben nicht so harmlos»

Das St. Galler Bussenmodell für Kiffer gilt als Vorbild für die schweizweite Gesetzesrevision. Die Erfahrungen dort zeigen: Für Unter-18-Jährige ist eine Busse nicht sinnvoll.

von
Jessica Pfister
Im Kanton St. Gallen müssen Kiffer unter 18 seit rund einem Jahr wieder vor dem Richter antraben. Davor kamen Jugendliche ab 15 Jahren mit einer Busse von 50 Franken davon.

Im Kanton St. Gallen müssen Kiffer unter 18 seit rund einem Jahr wieder vor dem Richter antraben. Davor kamen Jugendliche ab 15 Jahren mit einer Busse von 50 Franken davon.

Das Parlament will Kiffer künftig wie Falschparkierer bestrafen - mit einer Ordnungsbusse. Streitpunkt bei der Gesetzesrevision ist aber nicht nur die Cannabismenge (20 Minuten Online berichtete), sondern auch das Alter. So verlangt eine Gruppe von Gesundheitspolitikern von SP bis FDP, die Bussen schon bei Jugendlichen ab 16 Jahren anzuwenden. Die Mehrheit der Kommission hingegen will, dass Minderjährige weiter vor dem Richter antraben müssen.

Erfahrungen mit unterschiedlichen Altersgrenzen hat der Kanton St. Gallen. Dort wurde das Bussenmodell vor rund zehn Jahren erstmals eingeführt – ursprünglich mit einer Altersgrenze von 15 Jahren. Diese stellte sich jedoch als zu tief heraus. «Weil Jugendliche einfach 50 Franken zahlen konnten, statt sich vor der Jugendanwaltschaft oder der Suchtfachstelle zu verantworten, wurden diejenigen mit einem echten Drogenproblem weniger rasch erfasst», sagt Eugen Rentsch, Leiter der Drogenfahndung. Deshalb lassen die St. Galler Polizisten seit rund einem Jahr nur noch Erwachsene mit einer Ordnungsbusse davonkommen – Unter-18-Jährige hingegen werden wieder verzeigt.

«Mehrarbeit nehmen wir gerne auf uns»

Für eine Erhöhung der Altersgrenze von 15 auf 18 Jahre haben sich vor allem Jugendanwälte eingesetzt. Sie sind mit der Entwicklung zufrieden. «Der Schritt war richtig. Die Mehrarbeit nehmen wir gerne auf uns, um gefährdete Leute zu erkennen», sagt der erste Staatsanwalt Thomas Hansjakob gegenüber 20 Minuten Online. Gemäss Drogenfahnder Rentsch sind durch die strengere Regelung etwa zehn ordentliche Verfahren zusätzlich angefallen. Pro Fall seien dies zwei Stunden Zusatzaufwand für die Einvernahme. «Dass es nicht noch mehr sind, hat damit zu tun, dass die Polizei schon zuvor die Möglichkeit hatte, Jugendliche unter 18 Jahre an die Jugendanwaltschaft zu verweisen», erklärt Rentsch.

Die Suchtfachstelle des Kantons St. Gallen ist von der neuen Regelung ebenfalls überzeugt. «Damit senden wir ein klares Signal, dass Kiffen unter 18 Jahren eben nicht so harmlos ist», sagt Geschäftsleiter Jürg Niggli. Die Anzahl Jugendlicher in den Präventionskursen habe seit der Alterserhöhung zugenommen – von 21 im Jahr 2010 auf 28 im Jahr 2011. «Die Kurse sind wichtig, um zu erkennen, ob es sich um einen unproblematischen Neugierkonsum oder um ein ernsthaftes Suchtproblem handelt», so Niggli. In letzterem Fall müsse die Suchtfachstelle weitere Massnahmen wie eine Einzelberatung ergreifen.

«Altersgrenze nicht wirklich entscheidend»

Angesprochen auf die Erfahrungen im Kanton St. Gallen geben sich die Politiker, die im nationalen Gesetz eine Altersgrenze von 16 Jahren bevorzugen, plötzlich flexibel. «Die Altersgrenze ist nicht wirklich entscheidend», sagt die grüne Nationalrätin Yvonne Gilli. Es gehe vor allem um den Aufwand, der für Polizei und Jugendanwaltschaften anfalle. SP-Nationalrätin Jacqueline Fehr sagt, man habe sich beim Alter an der Regel für Bier orientiert. Die Erfahrungen der Kantone müsse man aber sicher berücksichtigen. Egal, für welche Variante sich das Parlament entscheidet, sagt Fehr: «Auf den Konsum von Cannabis wird das Bussenmodell sowieso kaum Auswirkung haben.»

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