TierschutzDrohne rettet Rehkitze vor dem Mähdrescher-Tod
In diesen Tagen fahren die Mähdrescher auf. Und überfahren im hohen Gras junge Rehe. Jäger setzen Drohnen ein, um die Kitze rechtzeitig zu finden.
Höchste Zeit: dieses Rehjunge entkommt der Sense. Dank einer Jagdgesellschaft. (Video: Roland Schäfli/Vincent Freigang)
5 Uhr im thurgauischen Murgtal. Der Nebel legt sich langsam. Die morgendliche Ruhe wird vom Surren einer Drohne gestört, die ein Feld überfliegt. Die Jagdgesellschaft Wängi-Heidelberg ist schon früh mit ihrem Piloten unterwegs, um Rehkitze aufzuspüren, um ihnen das junge Leben zu retten. Das Wärmebild zeigt ihnen, wo das Kitz im hohen Gras steckt.
Für die ersten zwei bis drei Wochen ihres Lebens sind Rehkitze zu klein und zu langsam, um mit den Rehgeissen mitlaufen zu können. Darum verstecken sie sich in Feldern im hohen Gras. Ihr Instinkt lässt sie bei Gefahr erstarren. Dann werden sie oft Opfer von landwirtschaftlichen Mähern. Die Bauern sehen die nur 40 cm grossen Winzlinge im Gras nicht, bis es zu spät ist. Oft sind die Tiere nicht sofort tot und müssen noch lange leiden – oder vom Jagdaufseher erlöst werden. «Nach offiziellen Zahlen sind letztes Jahr rund 1500 Rehkitz vermäht worden», weiss Martin Ebner, Jäger der Jagdgesellschaft Wängi-Heidelberg und Leiter des kleinen Trupps. «Die Dunkelziffer ist weitaus höher, weil viele Bauern die Unfälle nicht melden.»
Rehkitz einzeln aus dem Feld tragen
In seinem Jagdrevier sind die Mäher die grösste Gefahr für die Rehjungen. Darum hat sich der 71-jährige Ebner entschieden, das Pilotprojekt der Fachhochschule Bern zu unterstützen. Felder in Waldnähe werden unmittelbar vor der Mähung mit einer Wärmebildkamera abgeflogen. Gefundene Rehe werden dann von den Jägern aus dem Gras getragen, bei Gelegenheit auch noch markiert. In der vergangenen Saison konnten Ebner und sein Team mit 35 Flügen acht Rehkitz retten. Bisher haben Jäger versucht, die Jungtiere durch die sogenannte «Verblendung» aus den Feldern zu vertreiben, nicht immer mit dem gewünschten Erfolg. Das Pilotprojekt der Drohnen-Rettung bringt neue Erfahrungswerte, findet aber in den Jagdgesellschaften noch nicht überall Unterstützung, obwohl der Schweizer Tierschutz und der Dachverband für Schweizer Jagdgesellschaften das Projekt mittragen.
In der Deutschschweiz nehmen fünf Teams am Projekt teil. Diese Zurückhaltung ist auch auf den Zeitaufwand und die Finanzierung zurückzuführen. Waren am Anfang noch 20 Drohnenpiloten am Projekt beteiligt, sind es nur noch drei», sagt Christian Fuchs, Pilot der Gruppe. Die Piloten werden mit 200 Franken für einen Tageseinsatz entschädigt. Das technische Equipment kommt jedoch auf rund 10'000 Franken zu stehen.
Diese «Jagd-Saison» mit der Drohne nähert sich dem Ende, bei gutem Wetter mähen die Bauern die Felder ab. Doch schon heute steht für Martin Ebner fest: «Nächstes Jahr machen wir weiter.»
Eine Rettung, die für das Rehkitz förmlich in letzter Minute kam, sehen Sie im Video.