Schweizer Nacktkünstler«Wir waren überall Thema Nummer eins»
Drei Schweizer Nacktkünstler wurden in Kroatien von der Polizei mitgenommen. Nun spricht der Initiant der Performance.

Elias Kirsche (unten), Glynis Ackermann (2. v. u.) und Thomas Zollinger (nackt, stehend) wurden von zwei Polizisten während ihrer Performance angehalten.
Thomas Zollinger (62) ist einer der drei Nacktkünstler, die vor wenigen Tagen in Zagreb für Aufsehen sorgten. Ihre Performance rief gar die Polizei auf den Plan: Elias Kirsche, Student am Literaturinstitut in Biel, legte sich splitternackt bäuchlings auf den Boden, während sich Glynis Ackermann, Künstlerin aus Baden, ebenfalls nackt auf ihn legte.
Zollinger selbst spazierte nackt neben seinen Kollegen. Der Auftritt des Trios gehörte zu ihrer Performance «Naked Slow Walk». Nur wenig später standen zwei Polizisten eher hilflos neben den Künstlern. «Sie haben herumtelefoniert und wussten nicht recht, was sie mit uns tun sollen», sagt Thomas Zollinger zu 20 Minuten. «Während fünf Minuten haben wir noch mit den Beamten geredet, ohne dass sich etwas an der Situation verändert hätte.»
Schliesslich baten die Polizisten die drei Schweizer, sich anzuziehen und mit auf die Wache zu kommen. «Von Festnahme keine Spur, wie verschiedentlich berichtet wurde», sagt Zollinger. Sie hätten der Aufforderung Folge geleistet und seien mitgegangen. «Dort haben wir zwei Stunden gewartet, bis entschieden wurde, was passiert.» Sie hätten eine Busse von rund 300 Euro aufgebrummt bekommen. «Die Organisatoren des Festivals, die uns eingeladen hatten, bezahlten diese für uns - wie zuvor abgemacht.»
«Bilder verbreiteten sich in ganz Europa»
Die Kunstaktion selbst sei eine Hommage an den kroatischen Konzeptkünstler Tomislav Gotovac gewesen, der selbst 1982 nackt durch die Stadt spaziert war. Das Festival «Ich liebe Zagreb» befasst sich mit dem Thema der Verknüpfungen zwischen Körper und öffentlichem Raum. «Wir wollten damit aufzeigen, wie der nackte Körper im öffentlichen Raum wahrgenommen wird», sagt Zollinger.
Erstaunlich sei, dass trotz einer übersexualisierten Gesellschaft, die mit Nacktheit in den Medien dauernd konfrontiert werde, drei nackte Körper - ohne erotischen Kontext - solches Aufsehen erregen könnten. «Wir waren in Kroatien Gesprächsthema Nummer eins», sagt Zollinger erstaunt. «Die Bilder haben sich in ganz Europa verbreitet.»
Bereits in Biel nackt unterwegs
Sein Ziel sei, dass der nackte Körper im öffentlichen Raum ebenso wenig Aufsehen errege wie zum Beispiel spezielle Kleidung. «Die Reaktion der Leute in Zagreb war spannend: Die meisten zückten ihr Handy und knipsten drauflos.» Und doch gebe es immer einige wenige, die die Polizei riefen. «Und die Behörden beugen sich dem Diktat dieser 5 bis 15 Prozent, das ist traurig.» Man verteile Bussen, weil es eine Minderheit störe. Zollinger: «Ich hoffe, dass sich dies irgendwann mal ändert.»
Der Künstler hatte bereits im Mai für Aufsehen in der Schweiz gesorgt. Mit einer Gruppe Gleichgesinnter und Künstlern spazierte er am «Naked Slow Walk» durch Biel. Dieses Mal war das aber vorher mit den Behörden abgesprochen - die Polizei tauchte damals nicht auf.