Pestizide«Es werden laufend Gesetze gebrochen»
Im Kampf gegen die Gewässer-Verschmutzung greifen Umweltorganisationen den Bund an. Er mache zu wenig gegen die Pestizid-Plage.
Etwa 2200 Tonnen Pestizide werden laut dem Bundesamt für Landwirtschaft jedes Jahr in der Schweizer Landwirtschaft eingesetzt. Das hat Folgen für das Trinkwasser. An Orten mit intensiver Landwirtschaft sind bei über 70 Prozent der Messstellen von Trinkwasserfassungen zu hohe Konzentrationen an Pestiziden oder Abbauprodukten registriert worden, wie die «NZZ am Sonntag» schreibt.
Umweltorganisationen werfen dem Bund vor, zu wenig dagegen zu unternehmen. Zwar hat der Bund als Reaktion auf ein Postulat von GLP-Nationalrätin Tiana Angelina Moser einen Aktionsplan vorgestellt. Der Einsatz besonders gefährlicher Pestizide soll demnach bis 2026 um 30 Prozent reduziert werden.
Besserer Aktionsplan gefordert
Das gehe zu wenig weit, sagt Werner Müller, Geschäftsführer der Organisation Birdlife. Müller ist in einer Allianz der Schweizer Umweltorganisationen vertreten. «Wir fordern einen deutlich besseren Aktionsplan als jenen des Bundes», sagt er.
Die Organisationen Birdlife, Greenpeace, Pro Natura und WWF wollen, dass die besonders gefährlichen Pestizide bis 2020 ganz verboten werden. Der Einsatz von Pestiziden mit hohem Gefahrenpotenzial soll bis 2026 um 50 Prozent reduziert werden.
«Überall werden Gesetze gebrochen»
Eine im April veröffentlichte Studie des Wasserforschungsinstituts Eawag belegt, dass in keinem von fünf untersuchten Bächen die gesetzlichen Anforderungen an die Wasserqualität eingehalten wurden. 128 Wirkstoffe aus der Landwirtschaft wiesen die Forscher nach, selbst als toxisch geltende Konzentrationen wurden überschritten. Die Einzugsgebiete der untersuchten Flüsse seien typisch für die landwirtschaftliche Nutzung in der Schweiz, schreiben die Forscher.
Hinzu komme, dass etwa im Wallis die Weinbauern viel zu viele Pestizide versprühten, sagt Werner Müller von Birdlife. «Es werden überall Gesetze nicht eingehalten.» Die Schweizer Wasserversorger fordern nun, dass in den Schutzzonen um die Trinkwasserfassungen der Einsatz von Pestiziden verboten wird. Diese Massnahme sei sinnvoll, sagt Müller.
Ist der Bund zu lasch?
Sie reiche aber allein nicht aus, denn auch in vielen Bächen sei die Pestizidbelastung zu hoch. Das liege auch an der Zulassungspraxis des Bundesamts für Landwirtschaft
Dort ist man sich des Problems bewusst. «Der Einsatz von Pestiziden kann mit Risiken verbunden sein. Wir haben darum den Aktionsplan Pflanzenschutzmittel prioritär bearbeitet, der diese Risiken gezielt noch weiter minimieren soll», sagt Sprecher Jürg Jordi.
«Bevölkerung braucht heimische Lebensmittel»
Der Entwurf sehe vor, die Risiken von Pflanzenschutzmitteln um 50 Prozent zu reduzieren, indem ihr Einsatz vermindert und ihre unerwünschten Wirkungen vor allem ausserhalb der behandelten Parzellen begrenzt würden.
«Wir sind in Kontakt mit den Umweltorganisationen und beziehen sie mit ein», sagt Jordi. Man müsse bei den Massnahmen aber auch darauf achten, dass die landwirtschaftlichen Erträge sichergestellt seien. «Die Bevölkerung ist schliesslich auch auf genug einheimische Lebensmittel angewiesen.»