«Billigflieger rentieren sich für den Flughafen nicht»

Aktualisiert

Zürich wird abgehängt«Billigflieger rentieren sich für den Flughafen nicht»

Der Flughafen Zürich fällt im Vergleich mit europäischen Airports zurück. Das werde so bleiben, sagt ein Experte.

von
Stefan Ehrbar
Zwei neue Langstrecken-Verbindungen wollte der Flughafen Zürich ab 2020 kurz nach 22 Uhr anbieten. Daraus wird nichts: Keine Airline hat ihr Interesse angemeldet.
Es ist nicht das einzige negative Signal: Im Vergleich zum Vorjahr werden diesen Winter 200'000 Sitzplätze weniger angeboten, berichtet Airliners.de.
Zuletzt wuchs der Flughafen Zürich deutlich schwächer als Basel oder die Lufthansa-Hubs in Frankfurt, München und Wien.
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Zwei neue Langstrecken-Verbindungen wollte der Flughafen Zürich ab 2020 kurz nach 22 Uhr anbieten. Daraus wird nichts: Keine Airline hat ihr Interesse angemeldet.

Andreas Haas

Kein Interesse an neuen Startrechten, schwaches Wachstum und Reduktion des Angebots: Der Flughafen Zürich schwächelt (20 Minuten berichtete). Andreas Wittmer, Leiter der Forschungscenter für Aviatik an der Universität St. Gallen, sagt, warum das nicht nur schlecht ist.

Herr Wittmer, für zwei neue Abflüge zwischen 22 und 22.20 Uhr fanden sich in Zürich keine Interessenten. Wieso?

Das ist auch Konsequenz der neuen Gebührenordnung. Sie sieht für Abflüge nach 21 Uhr höhere Lärmgebühren vor. Ausnahmen gibt es nur für die Swiss. Solche Beträge reduzieren schlussendlich die Profitabilität eines Langstreckenfluges. Teilweise dürfte hier bereits eine gewisse Lenkungswirkung zum Tragen kommen. Zudem wären für Langstreckenflüge nach Asien, wo Bedarf besteht, Slots eher später ab 23 Uhr attraktiver.

Der Flughafen Zürich schwächelt. Von allen Lufthansa-Hubs verzeichnet er das geringste Wachstum. Wie erklären Sie sich das?

Wir beobachten eine Abkühlung der Wirtschaft und die Auftragslage stagniert teilweise oder geht sogar zurück. Solche Flauten haben immer sofort eine Auswirkung auf die Nachfrage nach Flugreisen.

Wieso ist Zürich davon besonders betroffen?

Es dürfte auch das langsame Infrastrukturwachstum in Zürich und die Knappheit an Luftraumkapazität in Europa eine Rolle für künftige Entwicklungen spielen. Grosses Wachstum ist deshalb gar nicht möglich und politisch wohl gar nicht gewollt.

Mit welcher Entwicklung rechnen Sie am Flughafen Zürich in Zukunft?

Er wird langsam weiterwachsen. Ich denke, ein jährliches Wachstum von 2 bis 2,5 Prozent ist bis 2050 möglich, sofern in Infrastrukturen investiert werden kann. Wachstumsraten wie im restlichen Europa, wo 3 bis 4 Prozent möglich sind, oder weltweit, wo etwa 4 bis 5 Prozent erwartet werden, sind aber kaum mehr möglich.

Der Flughafen Wien wächst dieses Jahr sehr stark – vor allem, weil er auf Billigflieger wie Lauda setzt. Wäre das eine Option für Zürich?

Nein. Ich glaube, das Geschäftsmodell der Billigflieger wird in der Bevölkerung langfristig an Akzeptanz verlieren. Es ist gut möglich, dass sie sich neu orientieren müssen. Ein Landesflughafen, der bereits einen Hubcarrier hat, setzt besser auf ein Geschäftsmodell mit wenigen Billigfliegern und stärkt dafür Netzwerkairlines, die ein optimales globales Netzwerk für eine Volkswirtschaft anbieten. Billigflieger verhandeln sehr hart und akzeptieren häufig nur Gebühren, die für die Flughäfen am Schluss nicht kostendeckend sind. Gerade bei kleineren Airports zahlt diese Differenz häufig der Steuerzahler in Form von Subventionen. Ökologisch und ökonomisch ist das nicht sinnvoll.

Andreas Wittmer

ist Dozent und Geschäftsführer des Center for Aviation Competence an der Universität St. Gallen.

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