Als die Polizei kam, war die Bühne leer

Aktualisiert

Pnos-Konzert in WillisauAls die Polizei kam, war die Bühne leer

Die rechtsextreme Band Bronson aus Italien war als Act am Pnos-Konzert angekündigt. Sie war auch tatsächlich vor Ort – entwischte aber der Polizei.

von
Marco Lüssi
Die rechtsextreme Band Bronson aus Italien war als Act am Konzert der Pnos in Willisau LU vom 14. Januar 2017 angekündigt. Die Anwesenheit der Band habe aber nicht erhärtet werden können, teilte die Kapo Luzern mit. Vor Ort waren die Bandmitglieder aber sehr wohl, wie dieses Bild aus einem Nebenraum des Lokals in Willisau zeigt.
Bronson selbst haben es am Tag nach dem Konzert auf der Facebook-Seite der Band gepostet. Dazu schreiben sie: «Foto aus unserem Versteck, während der Geheimdienst uns suchte.» Offiziell bestätigt ist es nicht, doch der Bund hat wohl eine Einreisesperre gegen die Bandmitglieder erlassen.
Eine Einreisesperre lag höchstwahrscheinlich auch gegen Julian Fritsch alias MaKss Damage vor. Der rechtesxtreme Rapper, der ebenfalls für das Pnos-Konzert angekündigt war, dürfte wohl jener Deutsche sein, der kurz vor dem Beginn des Anlasses an die Grenze zu Deutschland zurückbegleitet worden ist.
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Die rechtsextreme Band Bronson aus Italien war als Act am Konzert der Pnos in Willisau LU vom 14. Januar 2017 angekündigt. Die Anwesenheit der Band habe aber nicht erhärtet werden können, teilte die Kapo Luzern mit. Vor Ort waren die Bandmitglieder aber sehr wohl, wie dieses Bild aus einem Nebenraum des Lokals in Willisau zeigt.

Facebook

Rund 150 Personen versammelten sich am Samstagabend in einem Eventlokal in Willisau LU, um am Konzert teilzunehmen, das die rechtsextreme Partei national orientierter Schweizer (Pnos) organisiert hatte. Als Show-Acts angekündigt war Pnos-Präsident Dominic Lüthard, genannt «Gixu», persönlich – sowie zwei Namen aus dem Ausland: Der Rechtsrapper Julian Fritsch alias MaKss Damage aus dem deutschen Gütersloh, sowie die Band Bronson aus Rom.

Wer dann tatsächlich auf der Bühne des Veranstaltungslokals stand, ist unklar. Fotos oder Videos aus dem Innern sind bisher nicht publik geworden, und auch die Polizei hielt sich während des Konzerts nicht im Gebäude, sondern davor auf. MaKss Damage allerdings trat in Willisau wohl entgegen der Ankündigung nicht auf: Ein Deutscher, der mit einer Einreisesperre für die Schweiz belegt war, wurde kurz vor dem Beginn des Anlasses zurück zur Grenze nach Deutschland geschickt, wie die Kantonspolizei Luzern am Sonntag mitteilte. Bei dem Mann dürfte es sich um Damage handeln.

Einreisesperre bei Gefahr für innere Sicherheit

Offiziell bestätigt dies die Luzerner Polizei allerdings nicht und verweist ans Bundesamt für Polizei (Fedpol). Fedpol-Sprecherin Cathy Maret will ebenfalls nichts zu Identität der Person sagen. Darüber gebe man aus Datenschutzgründen keine Auskunft. Generell könne man aber sagen: «Wenn Gefahr für die innere Sicherheit der Schweiz ausgeht, kann Fedpol auf Empfehlung des Nachrichtendienstes des Bundes eine Einreisesperre aussprechen.»

Einreiseverbote lagen wohl auch gegen die Mitglieder der italienischen Band Bronson vor. Auch dies bestätigen weder die Luzerner Polizei noch Fedpol. Die Luzerner Polizei teilt jedoch mit, gegen 23 Uhr habe man am Samstag das Veranstaltungslokal betreten, weil der Verdacht bestanden habe, dass Bronson auf der Bühne stehe.

Foto «aus dem Versteck» gepostet

«Die Beamten hatten plötzlich den Eindruck, italienischsprachigen Gesang zu vernehmen», sagt Kurt Graf, Sprecher der Luzerner Polizei, zu 20 Minuten. Dass die Polizei daraufhin aktiv wurde, begründet Graf so: «Die Band ist für rassendiskriminierende Texte bekannt.» Doch als die Polizisten im Veranstaltungslokal eintrafen, war die Bühne leer, wie Graf sagt. «Der Verdacht auf die Anwesenheit der Band konnte nicht erhärtet werden.»

Mittlerweile hat die Band auf Facebook ein Bild gepostet, das zeigt, dass Bronson sehr wohl in Willisau waren. Zu sehen sind die Bandmitglieder beim Posieren in einem Nebenraum des Lokals. Dazu schreiben sie: «Dieses Foto haben wir in unserem Versteck geschossen, während der Geheimdienst uns suchte.» Der Band scheint es also gelungen zu sein, sich rechtzeitig zu verstecken, nachdem die Polizei Einlass ins Lokal verlangt hatte.

«Verbot wäre nicht verhältnismässig gewesen»

Warum aber war die Polizei nicht während des ganzen Konzert im Inneren des Lokals präsent? Graf sagt dazu: «Das war eine geschlossene Veranstaltung, und die Organisatoren hätten dies wohl nicht zugelassen.»

Um das Konzert überhaupt durchführen zu können, hatten die Veranstalter von der Pnos den Vermieter belogen: Sie gaben an, bei ihrem Anlass handle es sich um ein Geburtstagsfest. Eine Bewilligung, wie sie für einen solchen Anlass nötig wäre, hatten sie bei den Behörden nicht beantragt.

Warum aber hat die Polizei das Konzert trotzdem zugelassen? Graf sagt dazu: «Ein Verbot wäre nicht verhältnismässig gewesen. Die Pnos ist eine legale, auch politisch aktive Partei, für die die Versammlungsfreiheit gilt.» Und es habe keinerlei Anzeichen gegeben, dass es zu Ausschreitungen oder Gewalttaten kommen könnte. Die fehlende Bewilligung habe aber eine Anzeige zur Folge.

Lob für die Polizeiarbeit

Bei der Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus GRA beurteilt man die Arbeit der Polizei wohlwollend. Geschäftsführer Dominic Pugatsch sagt, die Polizei habe eine schwierige Ausgangslage gehabt, da lange nicht klar gewesen sei, wo das Konzert letztlich stattfindet.

«Doch die interkantonale Zusammenarbeit der Polizeikorps hat funktioniert, es sind Personenkontrollen gemacht und Einreisesperren erlassen worden, und die Beamten waren jederzeit zur Stelle.» Das sei gegenüber dem Neonazi-Konzert von Unterwasser SG vom letzten Jahr, das die Polizei völlig überrumpelt habe, ein Fortschritt. Pugatsch: «Es ist nun an den Behörden, abzuklären, ob es bei dem Konzert zu Verstössen gegen die Anti-Rassismus-Strafnorm gekommen ist.» Pnos-Präsident Dominic Lüthard war für 20 Minuten nicht erreichbar.

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