450'000-Fr-ProjektBund will mit TV-Serie Migranten abschrecken
Nigerianer drehen derzeit in Bern für eine TV-Serie. Diese soll Migranten von der Reise in die Schweiz abhalten und wird vom Bund finanziert.
Der Plot der Serie «The Missing Steps» von Regisseur Charles Okafor ist simpel: Joshua, ein junger Student aus Lagos, gelangt mit einem gestohlenen Visum in die Schweiz. Hier realisiert er, dass es beinahe unmöglich ist, Asyl zu bekommen. Er schlägt sich als Sans-Papier durchs Leben, rennt in einem Berner Park vor Polizisten davon. Später wird er in einem Tram ohne Billett erwischt und der Polizei übergeben. Joshua muss nach Nigeria zurückkehren mit der Einsicht, dass er die besten Jahre seines Lebens verschenkt hat.
Das Skript haben Nigeria und die Schweiz abgenickt, wie das «Echo der Zeit» von Radio SRF berichtet. Die Geschichte soll Migranten vor Augen führen, dass sie in der Schweiz kein Eldorado erwartet, «wo Milch und Honig fliessen». Letztes Jahr stellten Nigerianer 1106 Asylgesuche in der Schweiz.
450'000 Franken teures Projekt
Die 13-teilige TV-Serie ist eine schweizerisch-nigerianische Koproduktion im Rahmen der Migrationspartnerschaft. Die Kosten von 450'000 Franken – damit könnte man in Nigeria mehrere Kinofilme produzieren – trägt der Bund.
«Wir haben festgestellt, dass fehlende oder falsche Informationen häufig Ursache der irregulären Migration sind», sagt Lukas Rieder, Sprecher des Staatssekretariats für Migration (SEM). Mit dem Film wolle man «objektive Informationen über die Migration liefern». Anders als bisherige Aufklärungsvideos soll die Serie keinen «didaktisch-aufklärerischen» Anstrich haben, betont Rieder. Sie solle leicht zu konsumieren sein, «mit dem typischen Nollywood-Flair versehen». «Nollywood», die nigerianische Filmindustrie, gilt als drittgrösste der Welt.
«Berichte von Flüchtlingen sind wichtiger»
Weniger angetan vom Projekt ist die Flüchtlingshilfe: «Eine Fernsehserie allein bewirkt wenig. Man muss vor allem die Fluchtgründe bekämpfen, um lebensgefährliche Reisen zu verhindern», sagt Sprecher Stefan Frey zu 20 Minuten. «Der Film wird einen Vater, der seine Familie nicht mehr ernähren kann, kaum aufhalten.» Zudem herrschten im Norden Nigerias «bürgerkriegsähnliche Zustände».
Hinzu kommt laut Frey, dass die Leute vor Ort eher den Berichten glaubten, die sie von Verwandten und Bekannten aus Europa erhalten. «Diese schicken Geld und beschönigen schon aus Stolz die Realitäten, weil sie zu Hause nicht den Eindruck erwecken wollen, gescheitert zu sein.»
«Botschaft nachhaltig verankern»
Der Bund ist dennoch überzeugt, dass die Botschaft der Serie verfangen wird. Rieder: «Mit dem Weg über das in Westafrika unglaublich beliebte Nollywood-Kino wollen wir ein noch grösseres Publikum erreichen und die Botschaft nachhaltig verankern.» Zudem würden 200'000 DVD-Kopien erstellt, die direkt in den Passzentren der nigerianischen Migrationsbehörden platziert werden. Mittels Testvorführungen soll zudem untersucht werden, wie die Episoden auf das Publikum wirken.
Noch offen ist, auf welchem Sender die Serie zu sehen sein wird. Den Entscheid überlässt der Bund der lokalen Produktionsfirma.