Wahlen«CVP öffnet Giftschrank und packt Senfgas aus»
Zahlreiche Politiker fühlen sich von der CVP blossgestellt. Die Partei führe eine Hetzkampagne gegen die Konkurrenz, so der Vorwurf.
Auf dem Grill brutzelt ein Wahlplakat der CVP: «Wer mit dem Feuer spielt, geht das Risiko ein, sich selber zu verbrennen», schreibt Denis Kläfiger zum Video des brennenden Plakats, das er auf Twitter geteilt hat. Nicht nur der Präsident der BDP Luzern glüht zurzeit vor Wut auf die CVP. Dutzende Posts unter dem Hashtag #CVPFail buhen auf Twitter die CVP seit Dienstagmorgen heftig aus. Der Partei wird vorgeworfen, eine Schmutzkampagne zu fahren plus Negative Campaigning zu betreiben.
FDP-Nationalrat Marcel Dobler, dessen Partei ein Listenpartner der CVP ist, poltert: Die CVP überziehe die Schweiz mit einer orchestrierten Social-Media-Schmutzkampagne. «Die CVP öffnet den Giftschrank und packt das Senfgas aus. Negative Evolution – unschweizerisch – So nicht! Anstand bleibt!» SP-Nationalrat Thomas Hardegger empört sich: «Die christlichen Werte der CVP bedeuten Diffamierung ihrer Konkurrenten und Verbreiten von Fake News. So belügen sie ihre eigenen Wählerinnen und Wähler – sofern es noch solche gibt.» Andere Politiker und User necken die Partei mit ihrem Slogan «Wir halten die Schweiz zusammen».
CVP widerspricht mit «echten Lösungen»
Auslöser des kollektiven CVP-Bashings ist eine Kampagne der CVP. Eine Reihe von National- und Ständeratskandidaten der grossen Parteien fühlt sich von dieser diffamiert. Googelt man deren Namen, erscheint als oberstes Suchergebnis oft die URL Kandidaten2019.ch. Wer darauf klickt, landet auf einer Seite der CVP mit dem Titel «Können wir in Zukunft unsere Prämien noch bezahlen?». Darauf listet die CVP die angeblichen Ziele der Partei der gegoogelten Kandidaten auf und widerspricht diesen mit «echten Lösungen».
Beim National- und Ständeratskandidaten David Roth heisst es etwa, die SP wolle die steigenden Gesundheitskosten nicht an der Wurzel packen. Die CVP hingegen habe mit der Kostenbremse eine effiziente und solidarische Lösung parat. Auch die FDP-Kandidaten schauen auf der Website dumm aus der Wäsche. So schmückt die CVP die Ziele der FDP zur Verhinderung des finanziellen Kollapses im Gesundheitswesen mit einem «Klingt gut!», schiebt aber nach: «Doch wie will die FDP das erreichen?» Auch hier liefert die CVP die Antwort gleich selbst und behauptet: Das weiss sie selber nicht, denn sie hat bisher keine mehrheitsfähigen Lösungen in der Gesundheitspolitik präsentiert. Die FDP betreibt politische Rosinenpickerei.»
Kritisieren sei legitim
CVP-Präsident Gerhard Pfister verteidigt die Kampagne als Vergleichskampagne. «Wir wollen den Wählern ein möglichst gutes Bild unserer Partei bieten», sagt er. Dazu gehöre, die Inhalte der anderen Parteien aufzuzeigen und diese mit denjenigen der CVP zu vergleichen. «Die unterschiedlichen Positionen werden pointiert, aber auf inhaltlich absolut korrekte Art und Weise abgebildet. Wir zielen damit nicht auf Personen.»
Parlamentskandidaten sollen laut Pfister zu ihren Positionen stehen. «Dabei ist auch legitim, dass andere Parteien Kritik üben.» An der Nase herumgeführt würden Google-User mit der Website nicht. Es sei klar erkennbar, dass es sich bei der Website um ein Produkt der CVP handle. «Wahlen leben von Vergleichen zwischen Kandidaten.»
Am Dienstagnachmittag erschien die URL Kandidaten2019.ch jedoch nicht mehr, nachdem man die Namen der betreffenden Kandidaten eingegeben hatte. Hat die CVP die Kampagne zurückgepfiffen? Gerhard Pfister verneint: «Wir wechseln zwischen den Kandidaten und Parteien ab.»