Darum wollen diese Menschen keine Kinder

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KlimawandelDarum wollen diese Menschen keine Kinder

Würden Sie aufs Kinderkriegen verzichten, um die Umwelt zu schonen? Drei Leser erzählen, wieso sie genau das tun.

von
dk
Sollen Frauen vermehrt aufs Kinderkriegen verzichten, um das Klima zu schützen?
«Ein Kind ist mitunter das Schlimmste, was man der Umwelt antun kann», sagt die deutsche Autorin und Lehrerin Verena Brunschweiger. Am Mittwoch hat sie ihr Buch «Kinderfrei statt kinderlos – Ein Manifest» veröffentlicht und damit eine Debatte ausgelöst.
«Jedes nicht in die Welt gesetzte Kind bedeutet eine CO2-Einsparung von rund 58,6 Tonnen im Jahr», sagt Brunschweiger. Zum Vergleich: Ein Jahr lang vegan zu essen führt laut kanadischen Forschern zu C02-Einsparungen von 3,76 Tonnen.
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Sollen Frauen vermehrt aufs Kinderkriegen verzichten, um das Klima zu schützen?

Kieferpix

Die Buchautorin und Lehrerin Verena Brunschweiger fordert in ihrem Buch «Kinderfrei statt kinderlos – Ein Manifest» dazu auf, bewusst aufs Kinderkriegen zu verzichten. Der Grund: «Jedes nicht in die Welt gesetzte Kind bedeutet eine CO2-Einsparung von rund 58,6 Tonnen im Jahr.» Zum Vergleich: Ein Jahr lang vegan zu essen, führt laut kanadischen Forschern zu C02-Einsparungen von 3,8 Tonnen. Der Verzicht aufs Kind sei damit ein besonders wirksamer Schritt, um das Klima zu schützen, schlussfolgert die Autorin.

Eine Forderung, die bei Lesern auf Kritik stösst – aber auch auf Lob. Mehrere Leser verzichten seit Jahren auf Kinder, um die Umwelt zu schonen. Drei von ihnen erzählen.

Doro Fernandez (37)

«Ich liebe Kinder, habe mich aber trotzdem bewusst gegen das Kinderkriegen entschieden, um meinen ökologischen Fussabdruck zu verkleinern. Es gibt 9 Milliarden Menschen auf unserem Planeten. Der Ressourcenverbrauch ist schlicht zu gross. Dass ich keine eigenen Kinder möchte, war mir schon früh klar, vor allem wegen der Umwelt. Der gesellschaftliche Druck, Mutter zu werden, ist aber sehr gross, die Mutterschaft wird mystifiziert. Es ist ein Rückschritt in die 50er-Jahre: Sieht der eigene Lebensentwurf keine Kinder vor, muss man sich dafür rechtfertigen.

Erklärt man sich im Umfeld, stösst man oft auf Akzeptanz, jedoch nur selten auf Verständnis. Personen mit einem Kinderwunsch sollten sich ganz bewusst für Nachwuchs entscheiden und nicht einfach dem gesellschaftlichem Druck nachgeben, «weil man es halt so macht» – auch der Umwelt zuliebe. Einen finanziellen Anreiz zu schaffen für jene, die keine Kinder kriegen, wie das die Buchautorin Brunschweiger fordert, ist ein interessanter Ansatz. Schliesslich zahlt der Staat auch Kindergeld. Kein Kind auf die Welt zu setzen, ist ein wesentlicher Beitrag zum Umweltschutz.»

Swen Ardic (32)

«Auf Kinder verzichte ich in erster Linie für den Umweltschutz. Auf unserem Planeten gibt es nicht unendlich viel Platz. Ich habe das Gefühl, dass wir schon jetzt nahe am Kollaps sind. In den letzten fünf bis zehn Jahren hat sich noch einmal deutlicher herauskristallisiert, dass ich nie Kinder haben will. Eine Vasektomie ist schon geplant. Aber auch als Mann muss man sich immer wieder die Frage anhören, wann man endlich Vater werde.

Wenn man dann erklärt, dass man keine Kinder will, wird man belächelt und nicht ernst genommen, weder von Kollegen noch von neuen Bekanntschaften. Meine Freundin teilt aber meine Ansichten und auch mein Vater unterstützt mich inzwischen voll und ganz. Wir in der fortschrittlichen Schweiz könnten als Vorbildfunktion für die weniger entwickelten Länder dienen. Kinder von Kollegen mag ich sehr. Aber mir selbst und der Welt tue ich das nicht an.»

Maria* (28)

«Ich bin in einer langjährigen Beziehung und Kinder sind bei mir und meinem Freund definitiv ein Thema. Er möchte unbedingt Kinder, ich bin aber nach langem Überlegen fest davon überzeugt, dass das Kinderkriegen eine der egoistischsten Handlungen überhaupt ist. Schlussendlich hat Umweltschutz auch etwas mit Bevölkerungswachstum zu tun. Und da reicht es einfach nicht, sich vegan zu ernähren oder Alu zu recyceln. Wenn man auf Kinder verzichtet, ist man einfach verantwortungsvoll in seinem Umweltschutz.

Kinder sind in erster Linie Konsumenten und werden es auch ihr ganzes späteres Leben sein. Das Beste wäre also, nicht einen weiteren Konsumenten in die Welt zu setzen. Wer ein Kind will, könnte eines adoptieren und sich damit um jene kümmern, die ohne Eltern aufwachsen. Aber eine sachliche Debatte darüber ist schwierig. Mit meinen Freunden wird es sofort emotional. Meine Eltern wissen nichts von meinen Ansichten. Aber auch wenn – ernst würden sie mich trotzdem nicht nehmen.»

*Name der Redaktion bekannt

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