«Gleis 1, Einfahrt der S13»Sie ist die Frau hinter der Bahnhofsstimme
Pendler der Südostbahn kommen an Corinne Hobis Stimme nicht vorbei. Die Sprecherin sprach über ihren Job – inklusive unüblicher Durchsagen.
Corinne Hobi ist Profi-Sprecherin und die Stimme vom Bahnhof der Südostbahn. (Video: J. Kellenberger/B. Zanni)
Weibliche Stimmen für automatische Durchsagen stehen im öffentlichen Verkehr hoch im Kurs. Selbst die Südostbahn SOB, die für Zug-Durchsagen einen Mann einsetzt, verzichtet nicht auf eine weibliche Stimme. Für die Durchsagen an ihren Bahnhöfen setzt die SOB auf Corinne Hobi. «Gleis 1, Einfahrt der S13 nach Samstagern, Biberbrugg, Einsiedeln», hören die Pendler dann etwa.
Herrenstimmen seien im Öffentlichen Verkehr seltener, sagt Corinne Hobi, professionelle Sprecherin und Inhaberin der Voice4u dia-logue GmbH. «Auch kenne ich keine Person, die für ihr Navigationsgerät die Herrenstimme gewählt hat.» Sie habe das Gefühl, dass für dienstleistungsorientierte Ansagen immer noch mit Vorliebe Frauen gebucht würden. In der Werbung dagegen nähmen Männer teilweise dagegen sogar überhand.
Über 10'000 Aufnahmen für Durchsage
Die SBB soll die bisherige Durchsagestimme künftig durch ein Text-to-Speech-System ersetzen. Dabei werden geschriebene Texte in gesprochene Sprache umgewandelt. Hobi hat Verständnis dafür, dass die Zukunft der Digitalisierung auch vor der Stimme nicht haltmacht. «Das ist sehr effizient und ressourcenschonend.» Für die Aufnahmen ihrer SOB-Durchsagen habe sie über 10'000 Takes gemacht. «Dafür setzte ich sieben Arbeitstage à sechs Stunden Sprechen ein.»
Trotzdem finde sie es etwas schade, wenn die Bahnhofsansagen künftig zu einem digitalen Einheitsbrei würden, sagt Hobi. «Das Schöne ist, dass die Ansagen in Freiburg anders klingen als in St. Gallen oder im Thurgau.»
«Die Stimme ist ein Instrument»
Zum Job als Profisprecher führen verschiedene Wege. Einen eidgenössischen Sprecherausweis gibt es nicht. Viele Kolleginnen und Kollegen kämen etwa aus der Schauspielerei, dem Gesang oder der Moderation, sagt die Profi-Sprecherin. Da Hobi als Moderatorin und Erwachsenenbildnerin arbeitet, fünf Sprachen spricht und Theater spielt, brachte sie ideale Voraussetzungen für den Beruf der Profisprecherin mit. «Irgendwann fand jemand, ich hätte eine schöne Stimme und solle doch etwas daraus machen.»
Ihre Stimme werde abgesehen von Tonmeistern, die sie schon sehr lange kennten, nicht erkannt. «Die Stimme ist ein Instrument. Eine Stimme schafft Stimmung. Je nach Auftrag klingt sie ganz anders. Ich spiele auf dem Klangbild der Stimme.» Müsse sie eine Werbung für ein Gewinnspiel oder ein Kinderspielzeug machen, klinge dies ganz anders als im Fall eines Dokfilms über Entsorgungsprobleme in der Ukraine oder einer Bahnhofsdurchsage.
Ihr Job werde unterschätzt
Hobi ist der Meinung, dass viele Menschen den Sprecher-Job unterschätzen. «Es gibt immer noch auch namhafte Firmen, die das Gefühl haben, jeder könnte Sprecher für eine Telefonansage sein.» Dort müsse sie zuerst beweisen, warum es einen Profi brauche. «Dabei zählen nur schon Atem, Stimmlage, Akzent und ein perfektes Hochdeutsch.»
Zudem beginne die Arbeit als Sprecher laut Hobi vor allem mit Zuhören. «Dabei muss ich genau spüren, welche Stimmung und welches Umfeld ich repräsentieren muss.»